Live ist für uns Improvisateure wie Fußballspielen, Boxen oder Tennis. Auch ein bisschen Trumanshow. Wir wissen selbst nicht wirklich,
was vorhersehbar ist und was nicht, weil wir die Zuschauer ja einladen,
uns in irgendeiner Form zu irritieren. Michaela Obertscheider
Mit der jüngsten Produktion Family LIVE! geht das Theater Phönix neue Wege: Keine fertige Textvorlage ist Ausgangspunkt der Theaterarbeit, sondern Improvisation und Interaktion stehen im Vordergrund. Aus dem auf den Proben erarbeiteten Material entwickelt sich jeden Abend vor den Augen der Zuschauer das szenische Spiel. Live, unmittelbar und in Kommunikation mit dem Publikum findet so Family LIVE! statt, eine Daily Soap, 13 verschiedene Stücke, aber ein Stück Theater.
Im Mittelpunkt der Handlung stehen Alltagsgeschichten rund um ein Mietshaus an der Wiener Straße. Erleben Sie den täglichen Überlebenskampf im Alltagsdschungel, Aufstieg und Fall einer Linzer Familie. Begleiten Sie unsere Helden des Alltags auf ihrer Reise und lassen Sie sich überraschen!
Das Phönix und Impro - kann das zusammenpassen? Es kann, wie die Premiere von "Family Live" gezeigt hat. Zu sehen gab's witzige Szenen-Skizzen eines Mietshauses in familiärer Atmosphäre.
Man musste dem Stück zweifelsohne etwas Anlaufzeit gönnen. Das galt für das Team auf der Bühne ebenso wie für das Publikum, das erst langsam in Fahrt kam, um die Schauspieler mit kreativen Handlungs,- und Ortsvorgaben zu fordern. So gab's schon den einen oder anderen Moment, an dem sich die Geschichte zog wie Omas Apfelstrudel. Aber dann folgten wunderbare Geistesblitze wie jener von Landestheater-Gast Alexander Swoboda, der den Begriff "Mahlzeit" in einen künstlerischen Auftrag umfunktionierte: "Ich mal' Zeit!".
Nach dem "strengen" Auftakt von Live-Coach Michaela Obertscheider entwickelte sich "Family-Live" zusehends zu einer lockeren Szenenfolge mit Workshop-Charakter nach dem Motto: "Seht her - so entsteht Theater". Dass sich gegen Ende des Abends auch im Publikum so etwas wie familiäre Gelöstheit breit machte, mag als Beleg für das Gelingen dieses Wagnisses gewertet werden.
Family-Live besteht aus 13 Abenden: jeder in variierender Besetzung und natürlich mit den unterschiedlichsten Szenen - schließlich wird hier improvisiert und kein vorgegebener Text rezitiert. Die nächsten Vorstellungen sind von Dienstag bis Sonntag im Phönix sowie am 5., 7. und 8. April in den Kammerspielen zu sehen.
“Family (improvisiert) live“ im Phönix:
Nein, das ist nicht Reality-TV, das ist quasi Reality-Theater! Schauspielerei in Echtzeit mit der Betonung auf “spielen“. Spielen und jonglieren mit ein paar mageren, vom Publikum vorgegebenen Begriffen, mit denen es dann auf Teufel komm raus zu improvisieren gilt. Am Donnerstag war Premiere, eher Feuertaufe, im Linzer Phönix. “Family Live“ nennt sich das Gerüst, an dem sich Schauspieler des Phönix und des Landestheaters, ein paar Gäste - und vielleicht, wie bei der Premiere, auch ein Kind - beteiligen. Die feldwebel-gestrenge Trainerin Michaela Obertscheider entlockt dem Publikum ein paar Begriffe - am Premierenabend waren es zum Beispiel “Gemütlichkeit“ und “Alkoholismus“ - und daraus muss das Dutzend Darsteller dann eine Familiensoap improvisieren.
Für meinen “Premierenbericht“ heißt das: Ich könnte Ihnen jetzt schildern, was ich am Donnerstag gesehen, worüber ich gelacht habe. Aber wenn Sie heute (oder morgen) ins Phönix gehen, werden ganz andere Begriffe fallen - und Sie werden ein ganz anderes “Schauspiel“ sehen und hören. Ich wünsche Ihnen, dass Sie einen guten, inspirierten Abend erwischen!
Improvisieren, was das Zeug hält! Es ist ein bisschen wie Theatersport, was das Phönix da treibt, nur dass diesmal alle gemeinsam und nicht gegeneinander antreten.
Seifen-Oper im Linzer Theater Phönix: Witzig, aber rutschgefährdet
Wie eine TV-Seifenoper - so sollte das neue Stück des Linzer Phönix-Theaters "Family LIVE!" werden, das am vergangenen Donnerstag Premiere hatte: Im Mittelpunkt stehen die zwölf Bewohner eines Mietshauses, jede der 13 Vorstellungen soll eine Fortsetzung des letzten Abends sein. Es gibt keine fixe Textvorlage, das Stück entsteht durch Zurufe des Publikums. Die RUNDSCHAU hat sich die ersten beiden Folgen angesehen.
Erster Abend: Die zahlreichen, teils hektischen Sequenzen, die von der feldwebelhaft strengen Regisseurin Michaela Obertscheider rasch abgebrochen werden, handeln von Hundstrümmerln, Intrigen und Urlaub. Es entwickeln sich herrlich komische, aber auch langweilige Szenen.
Zweiter Abend: Regisseurin Obertscheider ist heute viel milder gestimmt und lässt den Schauspielern mehr Zeit, in die Szenen einzusteigen. Das tut dem Stück sichtlich gut: Bewegend etwa die Geschichte von Julia (Julia Reinecke), der Klo-Frau, die sich zu Höherem berufen fühlt und die Stefan (Stefan Laczkovics), leider Alkoholiker, ganz groß als Sängerin herausbringen will.
Fazit: Die Verbindung zwischen den beiden Abenden fehlte, die Rahmenhandlung des Mietshauses ging in der zweiten Vorstellung völlig verloren. Trotzdem gelangen zwei witzige, unbeschwerte Abende zum Lachen und Abschalten. Und das muss ihnen erst mal einer nachmachen.
Premiere: Improvisationsstück „Family Live!“ als Co-Produktion mit dem Landestheater im Linzer Phönix
„Ja, Mittag- und Abendmahl“, pflegte mein Onkel früher immer auf die Frage zu antworten, welche Art von Kunst er ausübe, ob er vielleicht Maler sei? - Er habe als Künstler alles erreicht, „da habe er sich gedacht: Mal\' Zeit!“. Meinte quasi gegengleich dazu Landestheater-Komiker Alexander Swoboda im Improvisationsstück „Family Live!“, den vom Publikum vorgegebenen Begriff „Mahlzeit“ originell verballhornend. - Es war noch eine der witzigeren Aktionen jener 90 improvisierten Minuten, deren Handlung zu Beginn mit zwölf vom Publikum abgefragten Begriffen zum Thema Familie losest festgelegt wurde, und die zweierlei zeigten: - * Wie viel von dem, was wir auf der Bühne sehen, nicht vom Autor oder Regisseur, sondern den Darstellern eingebracht wird; aber auch, dass selbst gute Schauspieler keine Stand-up-Comedians sind. - Denn das alles hatte sich wohl auch Live-Spielleiterin Michaela Obertscheider lustiger vorgestellt. Aber Impro-Theater lebt nun einmal von Wortwitz und Schlagfertigkeit auch des Publikums, die nicht immer gegeben ist. So war das Spannendste noch, ob man den Fragen der forschen Regisseurin entgehen würde. Aber die Hoffnung lebt: Vielleicht entwickeln ja die (jeden Abend wechselnden) Schauspieler mit dem Publikum der Folge-Vorstellungen einen roteren Handlungsfaden. Der am Donnerstag war kaum rosa.
"Family live!" nennt das Linzer Theater Phönix die 13-teilige Familiensoap. Start war am Donnerstag. Dabei zeigte sich, dass so eine Soap ganz schön rutschig sein kann: Stolpergefahr inbegriffen.
Improvisationstheater erlebt seit einigen Jahren auch in Österreich einen Boom, vor allem durch die Theatersportgruppen, die gegeneinander im rasanten Impro-Tempo antreten und dabei auch auf Publikumszurufe reagieren. Der Großteil des Phönix-Ensembles und Gäste vom Landestheater Linz (Sigrun Schneggenburger, Matthias Hack, Peter Pausz, Alexander Swoboda) haben sich zusammengetan, um Improtheater zu entwickeln.
Trainerin war und Abendaufsicht ist Michaela Obertscheider, die, wie die Dame neben mir meinte, in einem früheren Leben Feldwebel gewesen sein muss. Und sie würde wohl auch im jetzigen Leben in dieser Funktion bestehen. Jedenfalls gibt sie sich streng bis dominant, pfaucht das Publikum an, Stichworte zu geben, mit denen dann ein Schauspieler/eine Schauspielerin bedacht wird. Gemütlichkeit etwa, Alkoholiker, schlechte Beziehung, Intrige oder Scheiße ...
Die 12 Aktiven sitzen auf ihrem Sessel, wissen nun ihr Stichwort, und Feldwebel Obertscheider gibt Befehl: "Los!" Das Spiel kann beginnen. Jeder versucht vorerst einmal, aus seinem Stichwort eine Art Persönlichkeit zu formen. Feldwebel mischt sich vom Mischpult aus immer wieder ein, wenn es gar zu öd zu werden scheint, um der Handlung eine Wende oder eben auch ein Ende zu geben.
Improtheater ist Experiment und Risiko - auch für das Publikum. So wie Frau Ingrid (Höller) einmal treffend feststellte: "Ma! War der bled. Owa ganz bled." Den Schmäh meinte sie - und für diese Selbsterkenntnis bekommt sie Spontanapplaus. Denn Improtheater ist auch die Kunst, sich selbst nicht immer ganz ernst zu nehmen.
So hanteln sich Aktive und Zuseher von Schmäh zu Schmäh, erfreuen sich an amüsanten Momenten, aber zumeist zieht sich die ganze Chose eineinhalb Stunden lang zäh dahin. Doch die Hoffnung lebt: Es kann eigentlich nur besser werden ...