\"Ein Virus führt dich nicht unbedingt in den Infekt...\"
Georg Fellner, Bürgermeister von Laching und selbsternannter Provinzkaiser, hat Großes mit seiner Heimatgemeinde vor: eine \"Wonder-Chatworld\" soll aus dem verschlafenen Provinznest ein international beachtetes \"Cyber-Zentrum\" werden lassen. Alles scheint perfekt eingefädelt, da gefährdet ein erpresserisches Mail mit dem brandgefährlichen Megavirus \"shit happens.exe\" im Attachment den Erfolg des Projektes und bedroht die innere Sicherheit. Konrad Friedwald, Anti-Viren-Special-Agent der Bundesverwaltung, und die Urologin Paula Bosch, \"Ersatz bis 17.00 Uhr\", nehmen die Ermittlungen im Kampf gegen den Cyberterrorismus auf und geraten immer mehr in den Dschungel der Unberechenbarkeiten.
Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, denn \"shit happens\"...
Mit SHIT HAPPENS hat der oberösterreichische Autor Thomas Baum nach KALTE HÄNDE und HJ erneut ein Stück für das Theater Phönix geschrieben. Ein spannender Chat- und Cyberthriller, eine Politgroteske, die auf skurrile Weise die Wirklichkeit widerspiegelt.
THOMAS BAUM
geb 1958. Lebt als hauptberuflicher Schriftsteller in Linz und führt eine Praxis für Psychologische Beratung und Supervision. Diverse Preise und Auszeichnungen (u.a. Kulturpreis des Landes Oberösterreich). Autor von Drehbuchbüchern (u.a. IM DUNSTKREIS, SPURENSUCHE), Theaterstücken (u.a. RAUHE ZEITEN, KALTE HÄNDE, H.J., TIME OUT), Hörspielen (u.a. BODENLOS (ORF)) und Prosawerken (u.a. INVERSION, Roman, Resistenz Verlag, 1998, SÜLEYMAN PFEIFT, Resistenz Verlag).
„Shit happens“ im Linzer Phönixtheater
Linz – Der Bürgermeister von Laching hat die kleine Welt satt. Er will das provinzielle Kaiserreich mithilfe dubioser amerikanischer Investoren zu einer „Wonder-Chatworld“ aufblasen, die sein Dorf zum Nabel der Cyber-Welt hochpushen soll.
Bei dieser Gelegenheit rutscht er gleich auch ein wenig tiefer: Was ist schon der traurige Sex mit dem lange angetrauten Weibe gegen jene Fantasien, die sein geiles Burschi unterhalb des Nabels im Sex-Chatroom des Cyberspace beflügeln? Also flugs drauflos geschweinigelt in der Anonymität des „world wide web“. Doch da droht der megaböse Virus „shit happens.exe“ die reale Welt zu sprengen. Er kommt – richtig! – aus Laching. Ein Anti-Viren-Special-Agent aus der fernen Stadt, dem irrtümlicherweise eine Urologin als kurzzeitige Assistenz zur Seite gestellt wurde, macht sich auf die Spurensuche.
Thomas Baum hat erstmals eine Komödie geschrieben. Mit dieser witzigen und bissigen Satire ist ihm gleich ein hervorragender Wurf gelungen. Der raffiniert gebaute Text spielt geschickt mit herkömmlichen Sprachformen und verbindet sie mit dem „new speach“ der Cyber-Generation. Die zeitgemäßen, hochaktuellen Sujets – virtuelle und reale Beziehungskisten, Geschäftemacherei mit der Unwissenheit, Virenterror, Auflösung von regionalen und persönlichen Räumen – taumeln im Gewande eines Bauernschwanks von einer Seifenpfütze in die nächste. Und ganz zart im Hintergrund schwingt auch eine berührende Liebesgeschichte ohne Überanstrengung mit.
Perpetuum mobile der Begierden
Natürlich geht am Ende alles gut aus. Doch der Nachspann zum Stück, nachdem der erste Applaus schon aufgebrandet ist, raubt die Illusion: Das Perpetuum mobile der im Raum umherirrenden Lebensentwürfe dreht sich unablässig weiter.
Monika Rovan baute einen schönen, variablen Raum für die pralle, bisweilen hyperrealistische Inszenierung von Hakon Hirzenberger. Doris Hindinger brilliert als Urologin Paula Bosch komödiantisch mit feinen Untertönen; Alexander Jagsch, Eduard Wildner, Ingrid Höller, Helmut Fröhlich und Michael Smulik bilden ein hochkarätiges Ensemble.
Sinnliches Theater zum Anfassen über virtuelle Räume, herzhaftes Lachen bei bissiger Kritik: Das Publikum dankte es mit langem, hoch verdientem Applaus.
„Shit happens“: Einen skurrilen Cyberthriller wollte Thomas Baum schreiben. Es ist leider nicht gelungen.
Enttäuschende Uraufführung im Linzer Theater Phönix: „Shit happens“, das neueste Stück des Linzer Autors Thomas Baum (43), will zuviel sein: Komödie mit Galgenhumor, skurriler Cyber-Thriller und Politgroteske.
Von Entwurzelung aus Beziehungen und Wertesystemen soll das von Hakon Hirzenberger inszenierte Stück erzählen – aber das steht nur im Programm. Die Handlung: Ein primitiver Bürgermeister, ohne Beziehung zu Frau und suizidsüchtigem Sohn, will sein verschlafenes Nest mit einer „Wonder-Chatworld“ zum international beachteten Cyber-Zentrum machen. Das geht wie alles andere – der Titel ist Programm – natürlich daneben. Der Computer-Virus „shit happens“ und dilettantische Ermittler sorgen für Verwirrung, weiters treten auf ein nach Befehlen gierender Gendarm und ein halbverliebter Lokalreporter.
Das Stück handle, so Baum, von „Figuren, die taumeln, anstatt zu gehen, die völlig mit sich beschäftigt sind, aber ohne in die Tiefe zu gehen“. Doch auch Oberfläche ist nicht ohne Tiefe denkbar, und die spürt der Zuschauer in keinem Moment. Für gelegentliche Atmosphäre sorgt vor allem der Soundtrack von Wolfgang Peidelstein, auch Eduard Wildner, neu im Ensemble, hat als Bürgermeister einige schön schmierige Momente. Der Funke des grotesken Humors springt nur selten auf das Publikum über; eine fiktive Nachrichtensendung mit der (echten) Nachrichtensprecherin Elisabeth Buchmann samt Penis-Fahndungs-Photo bleibt zweifelhafter Höhepunkt.
Geilheit und Gier in den Zeiten des Internets
Kritik Phönix/Linz: „Shit happens“
Die Unterhaltung ist eine erregte, um nicht zu sagen erigierte.
GeilerBurschi und Jasmin2002 üben sich im schlüpfrigen Wortgefecht. Freilich nicht Aug in Aug oder Körper an Körper, sondern im weiten Land des Internets. Und da weiß man nie, wer oder was sich hinter einer virtuellen Fassade verbirgt.
Neu am Theater Phönix in Linz, das sich einmal mehr an die Spitze der heimischen Off-Szene setzt: „Shit happens“, ein Theaterstück von Thomas Baum.
Der Autor hat eine herbe Truppe alpiner Provinzler versammelt, die außer materieller Gier und sexueller Geilheit noch eins gemeinsam haben: Eine gewisse Orientierungslosigkeit im Leben. Im virtuellen Raum suchen sie nach Wegweisern und finden doch nur Fata Morganas.
Im Verhalten der Figuren prallen alte Denkmuster und neue Technologien aufeinander.
Der Text findet dafür eine feine formale Entsprechung. Er verbindet abgehobene Kunstsprache nahtlos mit Elementen des Volksstücks oder des Schwanks. Eine Krimi-Handlung – die Suche nach einem Computer-Killervirus – bildet das Fundament des Stücks, das somit nicht nur komisch und klug, sondern auch noch spannend ist.
Monika Rovans attraktiver Bühnenraum kann in Sekunden von abstrakter Coolness auf neureichen Naturalismus umgebaut werden.
Regisseur Hakon Hirzenberger reichert den rauen Text mit deftiger Action an. Die Geschichten von Sexualität, Einsamkeit und Tod werden nicht nur als Talkshow erzählt, sondern realistisch und/oder grotesk auch ins Bild gerückt. Rhythmus und Timing stimmen.
Die Darsteller verbinden handgreifliche Energie mit sensibler Sprachbehandlung.
Aus einem rundum überzeugenden Ensemble ragen Eduard Wildner als verschwitzter Provinzkaiser und Doris Hindinger als unterkühlte Heißblütige heraus. Alexander Jagsch gibt einen köstlichen Klemmi namens Friedwald, Ingrid Höller eine energiegeladene Ehefrau mit sehr doppelter Moral.