An fünf aufeinanderfolgenden Abenden präsentiert das Theater Phönix Aida.Opus Trash von Patrik Huber: "Die Schauspieler sind allesamt Nachfahren der original ägyptischen Figuren des Stücks: Da ihre Vorfahren alles von dem großen Erbe Ägyptens verjuxt haben, müssen sie selbst als menschliche Kläranlagen am Nil rackern, um sich am Abend ein Fladenbrot reinhauen zu können."
Die Neuinterpretation des "Meister des Trash" Patrik Huber wird zeigen, wie unspielbar Verdis Meisterwerk tatsächlich ist.
Ein “Opus Trash“ von Patrik Huber - ist das was Neues? Die Behauptung wurde nie aufgestellt, neu ist nur die Orientierung an einem klassischen Vorbild, an Verdi, an dessen Aida.
Kommt ein Gast in die Bar und bestellt einen Pfirsich Melba. “Aber ohne Pfirsich und ohne Melba“, grenzt er seine Order ein.
Warum mir dieser Stammtischwitz just Mittwoch im Linzer Theater Phönix einfiel, ist mir nach dem Konsum von Patrik Hubers “Aida“ klar geworden. Das Off-Szene-Unikum hat dabei auch Verdi und das Primborium aus dessen Erfolgsoper weggelassen. Was geblieben ist, sind Namen, die man vom Hörensingen kennt und Spurenelemente aus dem Libretto von Antonio Ghislanzoni, die Ramphis (Hannes Langeder), eine Dumpfbacke von Oberpriester, in Form von Schummelzetteln am Unterarm trug.
Feldherr Radames (Martin Honzik), der im Auftrag des gewichtigen Königs (Alexander Jöchtl) das Heer der Ägypter gegen die Äthiopier führen sollte, zeigte sich als lässiger Frankie-Boy-Typ in der schmucken Weißschale eines Marineoffiziers. Modisch auch die Damen Aida (Manuela Pfaffenberger) und ihre Rivalin, Königstochter Amneris (Renée Stieger). Beide vermittelten wohlgestimmt mit gecoverten Hitparadenschlagern dem Geschehen jenen Revuehaften Charakter, der wohl beabsichtigt war.
Theo Helm (nicht zu verwechseln mit dem Kellertheater-Helm) war als Amonasro, Aidas Vater, ein Zerrissener zwischen Kriegsbeute und Jahrmarktsnarr. Volksausgabe eines Entertainers nennt man so Jemanden wohl, den er auf die Bühne bringen musste.
Last, but not least, brachte sich auch der Regisseur in die Handlung(?) ein. Als Butler James schlapfte er durch die Opus-Akte, verkaufte Sonnenbrillen an Touristen, betreute Golf- und Tennisplatz, eine Plaisirweide von Aida und Amneris. Dass schlussendlich der Showdown unter den Palmen von Hawaii vonstatten ging, mag weiter nicht mehr verwundern.
Was Huber da an Skurrilitäten unter dem Etikett einer bekannten Opernmarke servierte, wurde durch die Vorauswerbung entschärft. Keine Spur von Schaden, der dem Publikum widerfahren könnte, kein Stoßseufzer von Besuchern in Richtung Isis oder dem Stadtgott Ptah, sie mögen dem frevlerischen Tun Einhalt gebieten. Es war Unterhaltung für Leute, die Schräges lieben und Unnützes schmunzelnd akzeptieren. Wer will, kann auch über den Untergang der (ägyptischen) Kultur räsonieren. Letztere sind allerdings selbst schuld, wenn sie dabei Schluckauf bekommen. Und ich bin mir nicht sicher, ob sich Huber gern in die Riege der Bastler von Regietheater gestellt wissen mag.
Nicht übersehen sollte man bei dem Theaterprojekt die Rolling-Comics von Gottfried Gusenbauer und würdigen Kostüme und Requisiten von Natascha Wöss, wie Musikeinfälle von Roland von der Aist. Ein Sonderapplaus für die Tänzerinnen unter der Choreografie Doris Jungbauers. Sie waren ein seriöser Bestandteil der trashigen Opernshow.
Premiere: Trash-Version von Verdis „Aida“ im Theater Phönix
„Trash“. Das ist Theater, das sich, billig produziert, schrill und ironisch über (bisweilen klassische) Stoffe hermacht, sie ins Absurde verzerrt — und gern als geschmacklos abgetan wird. In Linz wird diese zeitgeistige Sparte im Phönix gepflegt, insbesondere vom 30-jährigen Schauspieler-Regisseur Patrik Huber. In seiner „Aida. OpusTrash“, die Mittwochabend ihre Uraufführung erlebte, hat Huber Verdis im Ägypten der Pharaonen spielende Oper von 1871 in ein Urlaubs-Ägypten von heute geholt. Sein Feldherr Radames ist ein cooler Kapitän in weißer Uniform, der auf einem gelben Pappkamel daherreitet, sein König ein feister Zipfelmützenträger. Statt Opernarien bringen abgedroschene Popsongs („Born to Be Alive“), persiflierend eingesetzt, die Gefühle des handelnden Personals — die Liebe der äthiopischen Sklavin Aida zu Radames — zum Ausdruck. Das alles ist bisweilen nicht unwitzig, stellenweise auch köstlich: etwa, wie die flirrende Hitze zum Ausdruck gebracht wird — das Männerballett im Cheerleader-Stil zeitigt gar Szenenapplaus. Allein: Es trägt keine zwei Stunden Aufführungsdauer. So lässt der Beweis, dass Verdis Meisterwek eigentlich unspielbar sei, wohl noch lange auf sich warten.
Opus Trash steht auf Patrik Hubers „Aida“-Version, die er noch bis Sonntag im Linzer Phönix-Theater feilbietet. Und es ist, was es ist. Was draufsteht, ist auch drin, ohne den geringsten Anflug von Etikettenschwindel: Alles, was der gute Geschmack schon vor Jahren verboten hat, kommt hier wieder zu Ehren und statt „Holde Aida“ wird bei Huber „You're My Heart, You're My Soul“ geschmettert. Bei den Tanzeinlagen weiß man nicht so genau, ob die Choreografie, oder die Tänzer – oder beides? – schlecht sind. Den größten Spaß haben wohl die Darsteller selber, aber manchmal kann das ja sogar ansteckend sein...