Big Bang Löbinger

Sujet: Dini Hroß
Uraufführung:
26.11.2009
Dauer:
-
Spielstätte:
Saal

Besetzung





Lichtgestaltung
Erich Uiberlacker

Choreografie
Doris Jungbauer

Video
Herbert Gutauer, Bernd Kranebitter

Maxi Blaha
Maxi Blaha
Helmut Fröhlich
© Eisterhuber, Leisch
Helmut Fröhlich
Lisa Fuchs
© Raphaela Danner
Lisa Fuchs
Matthias Hack
© Tania Marcadella
Matthias Hack
Theo Helm
Theo Helm
Ferdinand Kopeinig
Ferdinand Kopeinig
Karl Ferdinand Kratzl
© Theater Phönix
Karl Ferdinand Kratzl
Judith Richter
© Tom Mesic
Judith Richter

Inhalt

Gewinnträchtig hat Altbauer Ignaz Gödiger seine Felder an eine Einkaufscity verkauft. Und kriegt den Hals immer noch nicht voll. Als ein EU-Kommissar seinen Besuch ankündigt, beschließt man flugs, die neureiche Wohnung in eine urige Bauernstube zu verwandeln und auf Bauer zu machen, um auch noch die Agrarförderungen einzustreichen. Der Kommissar scheint fast überzeugt, da taucht plötzlich der verstoßene Bruder auf und droht das Spiel zu entlarven. Und auch der Knecht trägt ein Geheimnis, das Gödigers Pläne ins Wanken bringt.

Erfolgsautor Franzobel hat dem Theater Phönix ein Stück Volkstheater geschrieben, das die Vorstadtbauern ins Visier nimmt. Eine böse Bauerngroteske über Land- und Bauernsterben am Rande der Stadt, einen neuen Bauernstand und die Globalisierungsfalle.

Einblicke

Dini Hroß
© Dini Hroß
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger

Pressestimmen

Die Löwingers, gründlich globalisiert

Uraufführung: Witzig-böse Bauerngroteske „Big Bang Löbinger“ des oö. Autors Franzobel als Auftragswerk im Linzer Theater Phönix

„Geld arbeitet immer. Geld hat ka Gewerkschaft, Geld hat ka 35 Stundenwoche und Geld braucht ka Sozialversicherung“. Weil der Vorstadt-Bauer Ignaz Gödiger diese Sätze seines Anlageberaters Dauni Schmeisser schon vor 15 Jahren beherzigt und seine Gründe in Leunding gewinnbringend an die Uno-Einkaufscity verkauft hat, ist er jetzt ein wahrhaft Geldiger. Nur leider kein Landwirt mehr. Auch wenn er immer noch Agrarförderungen aus Brüssel kassiert. Erst als sich der EU-Beauftragte Marcel Löbinger zur Überprüfung ankündigt, macht der elegante Golfspieler mitsamt seiner Entourage zum Schein wieder auf Bauer, was mancherlei köstliche Irrungen und Wirrungen zeitigt. „In Oberösterreich wird das B wie W gesprochen“, sagt Gödiger einmal. Und das sagt schon genug darüber aus, welche Welt und welche Bühne der aus Pichlwang bei Vöcklabruck stammende, derzeit viel gespielte und viel gelesene Schriftsteller Franzobel (Jg. 1967) hier sprachgewaltig und mit nestroyesk sprechenden Namen ins Absurde wendet: Die scheinbar heile dörfliche Gemeinschaft der Löwingers und des Heimatfilms, dessen Personal mit herrlichem Sprachwitz, der wie echte Bauernschwänke vor derb-deftigem Vokabular nicht zurückscheut, gekonnt karikiert wird. Der Sohn des Altbauern ist hier schwul (wunderbar patschert gegeben von Karl Ferdinand Kratzl), dessen verschollener Bruder Musiker bei den „Nachtkastlruther Ratzen“ (köstlich, auch in diversen Verkleidungen: Theo Helm), der Dorfdepp bisweilen recht hellsichtig (Maxi Blaha rattert ihren Text maschinengewehrschnell herunter, bleibt aber ein Fremdkörper). Herrlich überzeichnet der Altbauer Gödiger von Altmeister Helmut Fröhlich. Süß Lisa Fuchs als gar nicht so unschuldige asiatische Katalog-Schönheit („Brutkasten auf zwei Hax\'n“), witzig Judith Richter als „Piefke“-Touristin. Nicht ganz zu gewohnter Form laufen Matthias Hack als steifer „EU-inger“ Löbinger, und Ferdinand Kopeinig in der dankbaren Rolle des Anlageberaters auf. In der flotten Regie von Harald Gebhartl ist selbst der Bühnen-Umbau noch stimmig in den kurzweiligen, 90-minütigen Ablauf integriert. In der weitläufigen, anheimelnden, aber auch Stimmen verschluckenden Bühne (Erich Uiberlacker) machen Gebhartl & Co. Franzobels böse Bauerngroteske über das Land- und Bauernsterben am Stadtrand und den neuen Bauernstand im EU- und Globalisierungszeitalter zum gelungenen Wurf.

Andreas Hutter, Neues Volksblatt, 28.11.2009

„Big Bang Löbinger“

Franzobel-Uraufführung am Phönix:

Franzobel nimmt in der Globalisierungsgroteske „Big Bang Löbinger“ den Bauernstand aufs Korn. Regisseur Harald Gebhartl inszeniert den Schwank im Linzer Phönix Theater humorvoll, deftig und mit einer beachtlichen Portion Mut zur Wahrheit. Helmut Fröhlich brilliert in der Hauptrolle des Altbauern Ignaz Gödiger.

Die bitterböse Satire „Bang Löbinger“, die Franzobel heiter aus der Feder floss, tippt wunde Stellen an. Die Story: Altbauer Ignaz Gödiger hat schon lange keine Viecher mehr, er hat seinen Grund und Boden an Konzerne verkauft, kassiert aber immer noch Agrarförderung.

Franzobel bedient viele Klischees, die tragen aber bekanntlich auch Wahrheit in sich. Die vielfältigen, bunten und gut gesetzten Regieeinfälle tun dem Stück, das in der Sprache artistische, aber auch sehr banale Momente aufweist, wirklich gut. Es bleibt kompakt und kurzweilig.

Helmut Fröhlich gibt einen hart gesottenen Altbauern, der mit Bauernschläue Millionen gewonnen hat. Ferdinand Kopeinig als Bürgermeister kann zwar schauspielerisch mithalten, aber durchtriebener als er ist noch der verkrachte Bauernsohn Ritzi, den Ferdinand Kratzl köstlich spielt. Weiters u. a. Maxi Blaha, Matthias Hack und Theo Helm.

Elisabeth V. Rathenböck, Krone, 28.11.2009

Blödelmanie im Intrigantenstadl

„Big Bang Löbinger“ von Franzobel ist ein deftig-grotesker Bauernschwank, bei dem genialer Sprachwitz und seichter Schmäh eine traute Zweisamkeit eingehen. Das macht Spaß, aber nicht immer Vergnügen.

Altbauer Gödiger hat seine nicht freiwillig verstorbene Frau auf dem Gewissen, der schwule Sohn will den Vater mit der Kettensäge ums Eck bringen, Sohn Nummer 2 ist verschollen, der Dorfdepp hat irgendetwas Schreckliches gesehen, eine Deutsche überfährt einen Mann, eine Philippinin wird aus dem Katalog bestellt, Gödiger hat seine Äcker längst ans Shopping-Center verkauft, kassiert aber nach wie vor EU-Förderung fürs Ackerland, ein EU-Beamter kommt zur Überprüfung.... Genug!

Ja, es geht schon aberwitzig zu in diesem Stück des oberösterreichischen Autors Franzobel. Beim Stücktitel drängt sich die Assoziation zu den Löwingers auf - und die ist auch beabsichtigt. Deren Bauernschwänke waren ja auch voll der skurrilen Gestalten mit einfältigem Gemüt, aber großer Bauernschläue.

In solch einen bäuerlichen Lug-und-Trug- und Intrigantenstadl in der „Kastrationsgemeinde Leunding“ (sic!) baut Franzobel Fakten unserer Tage ein: Aus Bauern werden Grundstücksmakler und Immobilienhaie. Und dabei scheut Franzobel weder Klischee noch Kalauer, hier treffen hinterfotzig-, witzige Formulierungen auf billigen Witz und Brachialschmäh, amüsantes Sprachspiel auf Vulgärerotik. Unterbrochen immer wieder durch deftig-derbe Gstanzln.

Franzobel hat dem Phönix-Ensemble die Figuren auf den Leib geschrieben, zeichnet zwar schräge Typen, aber keine Charaktere. Regisseur Harald Gebhartl entwirft ein buntes und schrilles Bilderbuch für dieses aberwitzige Kuriositätenkabinett. Gebhartl lässt das Schauspielensemble blödeln, Grimassen schneiden und auch die Outrage zum Stilmittel erheben, was manchmal an der Grenze zur Peinlichkeit entlangschrammt.

Wie immer aber überaus souverän Helmut Fröhlich als Altbauer, schleimig Ferdinand Kopeinig als Anlageberater, Maxi Blaha wird vom hässlichen Dorfdeppen zum schönen Erb-Schwan, Lisa Fuchs hat als Dung Dung wenig zu sagen, Judith Richter ist eine herzerfrischende Piefkonin, Matthias Hack wird zum EU-Watschenmann, und Karl Ferdinand Kratzl trippelt den Schwulen.

Pfarrer von Grinzing

Viel Platz bekommt die Musik: wunderbar illustrierende Kompositionen von Volxmusik bis zu Pop(ulär)klängen von Wolfgang Peidelstein, sängerisch und darstellerisch vor allem von Theo Helm großartig interpretiert. Das Bühnenbild (Erich Uiberlacker) symbolisiert heile (Tapeten-)Welt und pseudo-idyllisches Bauernheim.

Wer über Reime wie der „Pfarrer von Grinzing hat an kloan Winzling“ lachen kann, wird sich eindreiviertel Stunden köstlich amüsieren. Zumindest eine gute Stunde, dann aber beginnen sowohl Text als auch Figuren mit übertriebener Blödelmanie zu nerven.

Silvia Nagl, OÖN, 28.11.2009