Lange genug hat das Zwergenvolk in seiner Kleinheit und Bedeutungslosigkeit dahinvegetiert, nun will man den Sprung in die Liga der Globalplayer wagen: Auf Anraten seines börsenerprobten Großwesirs beschließt der Zwergenkönig Laurin, den traditionsreichen Rosengarten zu privatisieren und mit dem Konzernriesen Dietrich von Bern zu fusionieren. Die Spekulationen rund um das Geschäft nehmen ihren Lauf: Welche Rolle spielen der Hofnarr mit seinen linken Utopien, die Königin, die ihren großspurigen Gatten nur mehr schwer erträgt, und die aalglatte Hofdame, Vorsitzende der Stabstelle für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation? Wie weit reicht die Macht des Großwesirs tatsächlich? Wo spielt das Öffentliche ins Private? Wer benutzt wen und wann wird tatsächlich geliebt? Gnadenlos bedient sich Walter Kohl der Dramaturgie und Struktur des Märchens, um Wirtschaftsfaschismus und gesellschaftlichen Ausverkauf unserer Zeit an den Pranger zu stellen. Eine bitterböse „Wall Street-Groteske“ über das Kleine, das sich mit dem Kleinsein nicht abfinden kann. Österreich-Bezug nicht
ausgeschlossen.
Das moderne Märchen “Der große Rosengarten-Schwindel“ des oö. Autors Walter Kohl wurde am Donnerstag im Linzer Theater Phönix uraufgeführt: ein mit Witz und Ironie inszeniertes Lustspiel mit Belustigungsgarantie.
In den kurzweiligen eineinhalb Stunden ist offensichtlich, dass da ein höchst ambitioniertes Team am Werken ist, bei dem das kreative Sprudeln nicht versiegen wollte. So wurde aus diesem gescheiten, von der Aufmachung her vergangenen Zeiten angehörenden, dem Inhalt nach aber zeitgemäßen Stück das Allerbeste gemacht. Regisseur Henry Mason schöpft aus seinem üppig quellenden Ideenfundus, schaut auch auf die nebensächlichste Kleinigkeit. Er weiß genau, was Spaß bedeutet und wo dabei die millimeterdünne Grenze liegt zur Outrage. Er verfügt über viel Gespür für Slapstickartige Situationskomik, für Schwarzhumoriges ebenso wie für feine Ironie. Er hat mit spürbarer Lust ein belustigendes Lustspiel in Szene gesetzt. Hübsch auch die Idee mit den von Marina Koraiman choreografierten tänzerischen Einsprengseln.
Schrumpfen und wachsen
Ein mit glattem Edelstahl ausgestattetes, etwas aus dem Lot und auf die schiefe Bahn gekommenes Büro mit einem Fensterausschnitt, in dem mittels Video zu sehen ist, wo und wann wir uns gerade befinden: ob im Rosengarten bei Sonnenschein und Vogelgezwitscher, mitten in der sternenklaren Nacht oder an einem verschneiten Wintertag, ob am Abend oder drei Tage später. Ausstatterin und Bühnenbildnerin Eva Sobieszek trägt mit ihren mit Humor und kleinen, feinen Details gestalteten Videos und Kostümen einen großen Teil zum positiven Gesamteindruck bei.
Walter Kohl hat das Take- over-Märchen “Der große Rosengarten-Schwindel“ mit Witz und Drive geschrieben: Märchen trifft Reality, ernsthafte Thematik wird mit Augenzwinkern betrachtet und auf die lockere Tour dargestellt. Es geht um Groß und Klein, um Schrumpfen und Wachsen. Der ein kleines Land regierende Zwergenkönig Laurin, klein von Gestalt und groß im Herzen, wird vom Großwesir überredet, seinen Rosengarten an eine größere, mächtigere Firma zu verkaufen. Takeover, also Übernahme heißt das. Stefan Laczkovics als Laurin ist manchmal wie ein bitzelndes Rumpelstilzchen, dann wieder harmlos-naives, realitätsverweigerndes Kind. Eckart Schönbeck als Großwesir ein smarter Managertyp, der sich globales Denken zum Credo gemacht hat. Matthias Hack als Hofnarr ist ein Sinnbild sozialromantischen Denkens, das ganz schön in Saft gehen kann, wenn es seine Ideale verraten sieht. Ein Genuss ist das Damen-Duo: Ingrid Höller als mit ihren großen und geheimen Aufgaben etwas überforderte und liebenswert schusselige Hofdame. Am Ende aber ein zur Walkürengröße anwachsender und schlagkräftiger Racheengel. Margot Binder als Königin begehrtes Objekt der männlichen Begierden, eine junge, sympathische Schauspielerin, die sich im Komödienfach ebenso zu Hause zu fühlen scheint wie in ernster Darstellung.
Das überraschende Ende ist ein Ende wie es eben so ist im Märchen: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann...
Phönix zeigt Kohls “Rosengartenschwindel“
Von Machtgier, Größenwahn und Börsenspekulation handelt Walter Kohls Märchen “Der Rosengartenschwindel“. Regisseur Henry Mason stellte das brandaktuelle Stück des Eidenberger Autors auf die Linzer Phönix-Bühne: Kurzweiligkeit, Humor, eine Liebesgeschichte und aufklärerische Erlebnisse reichen sich die Hand.
Märchen von Heute spielen natürlich in schönen Gegenden, die Menschen - gute und böse - sind scharf gezeichnet, und ein wenig Kitsch darf sein. Natürlich bringt eine Art Moral die Welt wieder ins Gleichgewicht. Walter Kohl hat diese Rahmenbedingungen bestens genützt, um ein kurzweiliges Lehrmärchen über verhängnisvollen Größenwahn zu skizzieren. Und Kohl macht mit moderner Sprache und modernen Figuren deutlich: Gewinnmaximierung, Wettbewerbspolitik, Deregulierung sind zwar Worte, die ganz sauber klingen. Tatsächlich wird aber über Arbeitsplätze und das Schicksal von Menschen entschieden.
Das Bühnenbild von Eva Sobieszek steht dem Märchentouch nicht im Weg. Henry Mason verfolgt mit seiner Regie einen schlüssigen Rhythmus, den er aus Dynamik, aber auch stilleren Momenten zu einem großen Tanz verknüpft. Und Marina Koraimans Choreografie verstärkt diese Grundidee wunderbar. Zu sehen sind: Eckart Schönbeck als intriganter Großwesir, Ingrid Höller als gefügige Hofdame, Stefan Laczkovics als ein komlexbehafteter Laurin, Matthias Hack als altlinker Hofnarr und Margot Binder als liebeshungrige Königin.
Überzeugend: “Der große Rosengarten Schwindel“ im Phönix
Zwergenkönig Laurin will nicht länger nur der Größte unter den Kleinen sein. Umso größer ist seine Verführbarkeit, am Kuchen der Macht mitzunaschen und sich mit einem wirklich Großen zu verbünden. Noch dazu, wo Freund Großwesir als Beigabe zum großen Deal, den Rosengarten - den Schatz des Zwergenreichs - zu verscherbeln, auch noch ordentlich Cash für die königliche Privatschatulle verheißt. Walter Kohl hat in seinem “Take-over- Märchen“ “Der große Rosengarten Schwindel“ gekonnt die Spielchen und hohlen Floskeln heutiger Global Player und ihrer emsigen Nachahmer ins Märchenhafte überhöht - und das Phönix -Team konnte mit der Uraufführung am Donnerstag einen Volltreffer landen. Kohls Stück ist ebenso am Puls der Zeit wie die auch atmosphärisch beeindruckende Umsetzung durch Henry Mason (Regie), Eva Sobieszek (Ausstattung/Video) und Choreografin Marina Koraiman (die die unterschwelligen Beziehungen der Figuren in einer furiosen Tanzszene bloßlegt). Eine rundum geglückte Symbiose - auch mit dem Darstellerteam: König Eckart Schönbeck als kindlich-resignierte Marionette von Großwesir Stefan Laszkovics, der als der eigentliche Fädenzieher alle Register der Skrupellosigkeit zieht; Königin Margot Binder, die wie der Hofnarr (Matthias Hack) ihre Träume noch nicht verraten hat. Und last, aber keineswegs least Ingrid Höller als vermeintliche Gefährtin und letztlich doch nur als Hure der Macht. Das Uraufführungspublikum zeigte seine Zustimmung deutlich.