Ein Wohnhaus mit Hinterhof und Mülltrennungsproblematik. Und Mietern unterschiedlichster Herkunft. Da haben es die einzigen Einheimischen, das Hausmeisterehepaar Holicek, wahrhaft nicht leicht, Ordnung in Haus und Hof zu bringen, denn Streitereien sind hier an der Tagesordnung. Doch dann zieht ein neuer Mieter ein und mit ihm keimt wieder Hoffnung auf: Helmut Roithofer, seines Zeichens Versicherungsvertreter und gelernter Österreicher. Der lernt schnell die Nachbarn kennen und als mögliche neue Kunden schätzen und will bald ein „Hallo-Nachbar-Grillfest“ im Stil einer Tupperware-Party organisieren. Doch zuvor hat er noch Probleme mit der übereifrigen Polizistin Nora Brettlschneider, die auf der Suche nach seinem zur Abschiebung vorgesehenen Vormieter ist, und dabei ganz nebenbei auch Roithofers schillernde Vergangenheit aufdeckt …
In seinem neuen Stück setzt sich der oberösterreichische Erfolgsautor Thomas Baum augenzwinkernd mit nachbarschaftlichem „Miteinander“, Integration und Asylpolitik auseinander. Eine hinreißend komische Groteske, made in Austria, die Themen unserer Zeit ins Visier nimmt.
Alltag in einem Mietshaus im Multikulti-Viertel: Der Linzer Autor Thomas Baum hat mit seinem im Linzer Theater Phönix uraufgeführten Stück „Franckstraße 137“ die Realität zur Groteske überhöht.
Im Stile eines Drehbuches hat Thomas Baum „Franckstraße 137“, ein Auftragswerk für das Theater Phönix, verfasst. Es könnte daraus durchaus ein Endlos-Episodenmehrteiler à la „Lindenstraße“ vermischt mit den Milieustudien eines „Kaisermühlen Blues“ und der sprachlichen Deftigkeit eines Mundl Sackbauer werden. Die ständigen Schauplatzwechsel im Mietshaus, im Hof und außerhalb machen die Umsetzung für eine Theaterbühne nicht einfach. Was aber Regisseurin Eva Hosemann und Bühnenbildner Stephan Bruckmeier daraus gemacht haben, verdient Anerkennung. Absolut genial die Bühnenbildlösung, die ein ganzes Haus zeigt und - je nach Bedarf - mit Hilfe der Schauspieler als Bühnenarbeiter in seine Einzelteile zerlegt wird.
Thomas Baum scheut kein Klischee, Political Correctness ist ihm nicht immer heilig, er schreckt nicht vor Deftigem und Derbem zurück - und lässt dabei doch immer wieder seine Klasse als Schreiber aufblitzen, dem beim Fabulieren seiner oft schrillen Karikaturen manchmal auch die Galle hochkommt ob heimischer Asylpolitik und Integrationsgeschwafel. Eva Hosemann nimmt das Stück so, wie es ist: als Groteske mit viel Humor, Augenzwinkern und Situationskomik - und setzt manchmal noch ein bisschen an Skurrilität und Lächerlichkeit drauf, was einige Szenen etwas zu lang geraten lässt, auch wenn C. C. Weinberger einen herrlich komischen Beinahe-Tod durch Verschlucken einer Gräte hustet.
Linzer - je nach Generation - assoziieren mit der Franckstraße Arbeiterviertel, Glasscherbenviertel oder Viertel mit hohem Migrantenanteil. Doch was Baum in „Franckstraße 137“ ablaufen lässt, könnte ebenso in Wien oder Berlin stattfinden. Nur der Dialekt von Branko, des „österreichischsten aller Ausländer“, ist typisch regional eingefärbt (Matthias Hack beginnt als gestrenger Müll-Sheriff und endet als geprügelter Faschenträger).
Song Contest etwas anders
Theo Helm mimt den Prolo-Türken, dass es eine wahre Freud\' ist! So wie überhaupt das Phönix-Ensemble, wieder einmal, zeigt, dass es sich im komischen Fache besonders wohl fühlt. Ferdinand Kopeinig als ehemaliger Song-Contest-Teilnehmer muss sich mit dem von Armin Lehner komponierten Schmachtfetzen hinter dem hochtrabend Ballade genannten Lied „unserer“ Nadine Beiler nicht verstecken! Judith Richter als Svetlana ist ein steiler Has\', wie Hausmeister Rudi (liebenswerter Grantler C. C. Weinberger) wohl sagen tät\', und seine ihm Angetraute (Gisela Salcher) ist eine perfekte Rose-aus-dem-Hinterhof-Studie. Der große Schwarze mit dem Multikulti-Namen Yowga Hölzl-Gruber verfügt über großes Herz und Hirn. Lisa Fuchs ist als beinharte Kieberin auf der Jagd nach Asylanten. Im Leben sind solche Geschichten viel trauriger als in diesem Stück, bei dem eineinhalb kurzweilige Stunden veiel gelacht werden kann.
Uraufführung: „Franckstraße 137“, Hinterhofkomödie von Thomas Baum um Asyl und Integration, im Linzer Theater Phönix
„Österreich: 2 Punkte“ wird es beim Songcontest-Finale heute Abend hoffentlich am Ende nicht heißen. Hieß es aber schon einmal: Im Jahre Schnee, als der selbst eingefleischten Fans des „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ wohl nicht mehr erinnerliche Heli Roth mit „Das Leben ist ein Würfelspiel“ Platz 32 einfuhr... Gott sei Dank tat er das nur im neuen Stück des Linzer Dramatikers Thomas Baum (*1958). Roth alias Roithofer ist der neue Mieter im Hause Franckstraße 137 im Linzer „Ausländerviertel“. Doch da ist er schon auf dem absteigenden Ast und nur mehr Versicherungsvertreter, der sich erst nach und nach als Ex-Schlagerstar outet.
Migrantenstück in der Mietskaserne
Auch das restliche, fast durchwegs migrantische Personal der Mietskaserne ist zunächst mehr Schein als Sein: Die nachtaktive tschetschenische Schönheit Svetlana (erfreulich: Judith Richter) entpuppt sich statt als Prostituierte als Nachtkrankenschwester; der Manager der Firma „Micro Cleaning Ismail“ (köstlich: Theo Helm als radebrechender türkischer Prolo) als Chef einer Klo-Putztruppe; und dessen mit Burka verschleiertes „Schatzi“ als afrikanischer Ex-Chirurg illegalen Aufenthalts (Yowga Hölzl-Gruber beherrscht „Pidgin-Deutsch“ ebensogut wie tiefsten Dialekt).
Hinter letzterem ist seit längerem die, Nomen est Omen, beinharte Polizistin Nora Brettlschneider (Lisa Fuchs als FBI-Verschnitt) her. Die einzigen „echten“ Österreicher im Haus sind der ewig grantelnde Hausmeister Rudi Holecek (C. C. Weinberger) und seine Frau Irmi (Gisela Salcher). Denn in Rudis Augen gilt auch der seit 30 Jahren in Österreich lebende serbische Baupolier Branko (Matthias Hack) trotz Fehlens jeglichen Akzents nicht als solcher...
Thomas Baum schreibt mittlerweile fast mehr für Film und Fernsehen als für die Bühne, weshalb er sich „wenig Gedanken wegen der Schauplatzwechsel“ gemacht hat, die auf der Bühne ungleich schwieriger zu bewerkstelligen sind. Stephan Bruckmeier hat die vielen Ortswechsel mit mobilen Kulissen aber elegant gelöst: Kojen und eine Hausfassade auf Rollen, geschoben von den Schauspielern zur Musik von Armin Lehner, verlegen die Geschichte vom Hinterhof in diverse Wohnungen, auf die Wache, ins Rathaus-Klo und zurück. „Franckstraße 137“ ist Baums viertes Auftragswerk für das Theater Phönix, aber sicher nicht sein bestes. Die Groteske kippt allzu oft in den Klamauk, und auch das Ensemble hat man schon besser gesehen. Der von Ferdinand Kopeinig gespielte Roithofer etwa könnte einer deutschen Filmklamotte der späten 60er-Jahre entlehnt sein. Die feine Klinge, über die Baum verfügt, musste bisweilen dem Holzhammer weichen, der Humor stellenweise durch seichte Untiefen waten. Das Spiel mit den Klischees machte das Migrantenstück tatsächlich zum modernen Kasperltheater, wie von Regisseurin Eva Hosemann (Theater Rampe Stuttgart) angekündigt. Immerhin: Zum Schmunzeln war\'s, und ganz zum Schluss bekam das Ganze auch noch eine Spur Tiefgang, als es ums „Ankommen, Fuß fassen, wo dabei sein“ ging. Denn am Ende ist alles Friede, Freude, Eierkuchen, zur Melodie von „Das Leben ist ein Würfelspiel“ stimmen alle in den Schlusschor ein - fast: Denn „der Neger“, der als Chirurg dem Hausmeister das Leben gerettet hat, wird bitte trotzdem abgeschoben. Fast, aber eben nur fast wie im richtigen Leben.
Uraufführung von Thomas Baums „Franckstraße 137“ im Linzer Theater Phönix
Googelt man die „Franckstraße Linz“, so findet man dort rein theoretisch um die 15.300 Einträge. In Zukunft wird man aber noch ein paar mehr finden: Der Linzer Autor Thomas Baum hat für das Theater-Phönix das Stück „Franckstraße 137" geschrieben. Am Donnerstag war die Uraufführung dieser Sozialkitsch-Klamotte.
Das Positive immer zuerst: Nein, langweilig war es nicht. Thomas Baum, mit seinen Themen stets am Puls der Zeit, hat nach bester Comedy-Manier saftige Typen zu Papier gebracht: das Hausmeisterehepaar Rudi und Irmi (prächtig C. C. Weinberger und Gisela Salcher), den echten Osterreicher Branko (Matthias Hack, spricht „Deutsch ohne Akzent"), Businessman Ismail (Theo Helm, spricht „mit Akzent, aber trotzdem jeder versteht"), den abgestürzten Versicherungsvertreter-Typ Helmut (Ferdinand Kopeinig als stimmige Karikatur), das Spottbild von einer Polizistin (Lisa Fuchs), den armen Schwarzen (Yowga Hölzl-Gruber) und die tschetschenische Altenpflegerin (Judith Richter). Sie alle leben in der „Franckstraße 137".
Was anfangs noch auf einen zwar platten, aber flotten Plot hoffen lässt, läuft im Zuge der Inszenierung einigermaßen aus dem Ruder. Regisseurin Eva Hosemann toupiert den Sozialkitsch zu einer ordentlichen Klamotte auf. Das Ergebnis ist ziemlich derber Klimbim, der jeden möglichen dramaturgischen Anspruch auf der Strecke überrollt. Dem Premierenpublikum hat's trotzdem gefallen.