Das Familienunternehmen Happy Planet ist ein weltweit agierender Megakonzern geworden, der sich einer umweltbewussten Firmenpolitik rühmt. In den kommenden Jahren ist geplant, die Geschäfte in Richtung alternativer Energien weiter auszubauen und ein Big Player auf dem Zukunftsmarkt nachhaltiger Bio-Treibstoffe zu werden. Doch so grün nach außen hin alles scheint, hinter den hohen Firmenumzäunungen sieht es ganz anders aus. Die neuen Energie-Alternativen gehen auf Kosten von Entwicklungsländern, Entscheidungen werden aus purer Geldgier getroffen, und intern herrscht ein bitterer Machtkampf. Und dann bringt auch noch eine junge Studentin Happy Planet in die Schlagzeilen, und der gute Ruf der Firma gerät ins Wanken …
In seiner grotesken Komödie „Happy Planet” nimmt der renommierte oberösterreichische Autor Thomas Baum die schwarzen Schafe der Bioindustrie ins Visier, die unter dem Deckmantel ökologischer Verantwortung skrupellose Geschäfte betreiben.
Uraufführung: Farce „Happy Planet" von Thomas Baum im Linzer Theater Phönix
„Happy" ist unser Planet schon lange nicht mehr. Durch Luftverschmutzung und Klimawandel droht Mutter Erde der Kollaps, verursacht durch ihre eigenen Kinder, die Menschen. Nur noch kurz die Welt retten will hier der Konzern „Happy Planet", der nach außen mit Biosprit brav auf Umweltschutz macht, nach innen gegenüber dem Aufsichtsrat aber noch braver auf Gewinnmaximierung. Als „Defibrillator unseres infarktgefährdeten Planeten" sieht sich dessen von David Fuchs aalglatt verkörperter Generaldirektor Moritz Luftensteiner, „ein begnadeter Magister der Biologie". Wie seine von ihm entmachtete Schwester Laura (sehr witzig als überkandidelte, maliziöse Direktorin: Judith Richter) leidet er nicht gerade unter Minderwertigkeitskomplexen. Auf dem „Happy Planet" des Linzer Dramatikers Thomas Baum herrschen aber auch noch triste Zustände in der Bildungslandschaft: Langzeitstudentin Mia (überzeugende Gerechtigkeitsfanatikerin: Lisa Fuchs) muss sich von Lebensmitteln aus dem Mistkübel ernähren. Beim „Dumpstern" lernt sie Uni-Assistent Konrad kennen, dem Felix Rank glaubhaft zwei Gesichter verleiht: Locker-progressiv gegenüber Mia, seriös gegenüber jenen, die ihm zur ersehnten Professur verhelfen könnten. Als ihnen Wachmann und „Security-Brutalo" „Herr Bert" (eine Paraderolle für den herrlichen Sven Sorring) die Müllcontainer von „Happy Planet" wegsperrt, schwören sie dem Konzern Rache. Die kann auch Lobbyist Eberle (Matthias Hack sorgt für viele Lacher, die bisweilen im Halse stecken bleiben) nicht verhindern. Die makabre finale Lösung zur Behebung der Benzinkrise sei hier nicht verraten, nur soviel: „Die Dicken erhalten eine neue Wertigkeit."
Als Thema angekommen
Heidelinde Leutgöb hat die eineinhalb Stunden kurzweilig und zum Nachdenken anregend in Szene, gesetzt, treibt die Handlung etwa durch stimmig eingesetzte Videosequenzen voran. Optisches Symbol für den Niedergang von Konzern, Umwelt und hier auch des Zwischenmenschlichen zwischen den Protagonisten ist das baustellenartige Bühnenbild von Moritz Oliver Benatzky. Da hört man gleichsam den Putz abbröckeln wie das Image der Firma. Apropos hören: Johannes Steiningers Sounds, von Naturklängen bis zur Lounge-Musik, hängen hier über den Köpfen der Besucher wie eine dunkle Wolke. Der Klimawandel ist auch akustisch als Thema auf der Theaterbühne angekommen.
Uraufführung von Thomas Baum im Linzer Theater Phönix:
Der heimische Autor Thomas Baum hat ein Händchen für Themen, die am Puls der Zeit pochen. Im Linzer Theater Phönix wird jetzt seine jüngste Groteske „Happy Planet" ans Bühnenlicht gehievt: 85 Minuten bekommen die schwarzen Schafe der Bioindustrie buchstäblich ihr Fett weg: „Happy Planet" ohne Happy End.
Thomas Baum ist auch ein viel beschäftigter Drehbuchschreiber für Fernsehserien. Das merkt man diesem Stück ein bisschen an. „Happy Planet" ist eine Aneinanderreihung aus vielen Solobildern und einzelnen Szenen. Nicht unklug, nicht unwitzig, gut beobachtet – aber leider ohne echte(n) Höhepunkt(e). Es plätschert recht anregend dahin, da und dort garniert ein kleiner Witz das Geschehen, dabei sollte einen bei diesem Thema doch eigentlich eine Gänsehaut heimsuchen ...
Regisseurin Heidelinde Leutgöb hat die „Happy-Planet"-Clique allerdings gut im Griff. Im geschickt zu nutzenden Bühnenbild von Moritz Oliver Benatzky - eine ideale Spielwiese auch für die Videos von Erik Etschel - vibriert vor allem David Fuchs als jugendlicher Generaldirektor, der sich die Skrupellosigkeit wie einen Maßanzug überstülpt. Das ist echt sehenswert! Punktgenau besetzt, spielt sich diesmal auch Lisa Fuchs als Studentin Mia prächtig an die Bühnenfront - ebenso wie Sven Sorring, der als (singender und Gitarre spielender) Wachmann „Bert" geradewegs einem Comic entstiegen scheint. Rundum herzlicher Applaus für den jüngsten Streich von Thomas Baum.
„Happy Planet“ des Linzer Autors Thomas Baum uraufgeführt
Eine Menge Themen packt der Linzer Autor Thomas Baum in sein neuestes Stück „Happy Planet“, viel an komplexer Materie will er vermitteln, dazu Kritik an kapitalvermehrenden, gewinnorientierten und menschenverachtenden Konzern-Machenschaften und dem Raubbau an unserem Planeten - und zwischendrin soll es auch noch menscheln. Dabei bleiben die Stück-Figuren aber oberflächliche Schablonen. Alle befinden sich irgendwie im Ausnahmezustand, sind überdreht, agieren wie auf irgendeinem dubiosen Trip - und wir wissen nicht, warum sie so geworden sind.
Ernsthafte und komplizierte Thematik mit dem theatertauglichen Mittel der Farce vermitteln zu wollen, ist grundsätzlich edel und gut, aber diesfalls nicht sehr hilfreich geglückt. Denn es ist ein Zwitterstück geworden, das auch beim Lesen einerseits packt und fesselt, andrerseits aber nervt das auf intellektuell getrimmte Geschwafel oder die manchmal bemüht wirkende Schlagfertigkeit der Akteure. Regisseurin Heidelinde Leutgöb kann der Stückvorlage auch keine klare und eindeutige Form geben, ihre Inszenierung schwankt ebenso unentschieden zwischen Ernsthaftigkeit und Groteske. Und so ergeht es auch dem Publikum: Lachen wir über das Grauen? Graut uns vor der Wirklichkeit? Sollen wir überhaupt lachen - oder ist es doch ernst gemeint?
Keine homogene Leistung
Auch das Schauspielteam zeigt keine homogene Leistung: Lisa Fuchs als Mia ist dem Stück entsprechende Studentin mit Hang zum manisch-depressiven Überschnappen - und unterstreicht das zu oft mit quälend schriller Stimme. Konrad macht auf intellektuell, ist aber ein opportunistischer Egomane - darstellerisch bleibt Felix Rank im überschaubaren Bereich. Judith Richter als Konzern-Chefin Laura ist eine toughe Lady im adretten Business-Look (Kostüme von Cornelia Kraske) mit miesen Manieren. Sven Sorring überzeugt als Wachorgan, dem das Zuhauen näher liegt als das Nachdenken. Dass er sich als softer Gitarrist und Sänger präsentieren darf, ist aus dem Rollenbild heraus irritierend, macht aber Vergnügen, weil er das einfach gut kann. Verlässlich wie immer in seiner komödiantischen Präsenz ist Matthias Hack. In einer grandios aufbereiteten Folterszene spielt sich das humorvolle Video von Erik Etschel in den Vordergrund, der mit den Werbefilmen für die Firma „Happy Planet“, die mit dem Bio-Schmäh schmutzige Geschäfte macht, auch PR-Sprache vom Feinsten zeigt!
David Fuchs als hyperaktiver Generaldirektor kann kein Wort sagen, ohne dazu irgendeine Hand-, Fuß- oder Körperbewegung zu machen - das hat Spaßpotenzial, passt aber nicht immer. Johannes Steininger füllt den Raum mit bedrohlich brummenden Soundflächen. Das Bühnenbild von Kunstuni-Student Moritz Oliver Benatzky trifft die Sache recht gut: eine große, variable Skulptur, die den Zerfall von „Happy Planet“ in jeder Hinsicht symbolisiert - der passiert nach eineinhalb Stunden.