Jürgen, Leiter der Programmentwicklung der TV-Anstalt Kabel 9, hat es nicht leicht, erfährt er doch kurz vor einer heißen Nummer mit seiner Stellvertreterin und Geliebten Carmen, dass auch sie sich um die Position des Generaldirektors bewerben will. Geschlechtsverkehren kann und will er nach dieser Nachricht nicht mehr, denn ab jetzt heißt es "Ring frei" für den Kampf um Macht und Positionen. Da sich schnell herausstellt, dass sie ebenbürtige Gegner sind, suchen beide nach den dunklen Flecken im Privatleben des anderen. Pech für Jürgen, dessen kaufsüchtige Gattin Lotte, Teilnehmerin der Doku-Soap "Hilfe, ich will von dir ein Baby", öffentlich mit einem Fremden kopuliert, um im Falle einer gelungenen Befruchtung die Siegerprämie von 100.000 Euro einzustreichen. Aber noch ist das Rennen nicht gelaufen, der letzte Kampf noch nicht ausgefochten ...
In Thomas Baums jüngsten Stück dreht sich alles um das Thema Nr. 1. Vordergründig. Denn in Wahrheit offenbaren sich hinter vermeintlich erotischem Liebesgeplänkel die Abgründe eines Geschlechterkampfes, der gnadenlos in der Öffentlichkeit ausgefochten wird. Jede Schwäche, jede Unzulänglichkeit, jede Peinlichkeit wird vor dem Publikum ans Licht gezerrt. Direkt und unmissverständlich kommen die Dinge zur Sprache: Alles wird ausgesprochen, alles ist Teil der Öffentlichkeit.
Intimsphäre ade! Kompromisslos und augenzwinkernd nimmt Thomas Baum unser Zeitalter der Doku-Soaps, Sticoms und Talk-Shows aufs Korn und schafft ein komisches Psychogramm einer fernsehgeschädigten Gesellschaft auf der Suche nach Anerkennung und Selbstbestätigung.
HARTE BANDAGEN: ein gnadenloser Schalgabtausch, ein skurril-grotesker Kampf der Geschlechter um Karriere, Macht und Positionen aus der Feder des Linzer Erfolgsautors Thomas Baum.
“Harte Bandagen“, das neueste Stück des Linzer Autors Thomas Baum, wurde am Donnerstag im Linzer Theater Phönix uraufgeführt: eine skurrile Persiflage auf Quotengeilheit - nicht nur im Fernsehen.
Jetzt heißt\'s warm anziehen für die Trash-TV-Erfinderfirma Endemol, denn das Duo Baum / Höld weiß, wie man miese TV-Formate noch unterbieten kann: mit “Wettbumsen“ in der Show “Hilfe, ich will ein Baby!“ Nein, keine voreiligen Aufreger: Was da gar arg klingen mag, ist es in der Bühnenumsetzung nicht.
Aber natürlich geht es darum, wie der Privatsender “Kabel 9“ noch mehr Quote machen kann, worüber sich der künftige Generaldirektor Gedanken machen soll. Um diesen Posten treten gegeneinander an: Jürgen und Carmen, er ihr Chef - und Beischläfer.
Neu und somit originell ist ja die Thematik nicht, dass Theater sich die breitenwirksame Verdummungsmaschinerie Fernsehen mit all ihren Auswüchsen und Obszönitäten zum Inhalt macht - und sie in Form einer TV-Show auf die Bühne hievt.
Thomas Baum ist Menschenkenner und Schreibprofi: Dieses Auftragswerk des Theater Phönix hat er dem Schauspielensemble typgerecht zugeschrieben. Doch er gibt die Figuren mit ihren Unzulänglichkeiten und Schwächen der Lächerlichkeit preis, erzählt uns nicht ihre Geschichte, sondern schaut ihnen nur beim Scheitern zu. Er kratzt an Oberflächen und Oberflächlichkeiten, konstruiert somit nicht Charaktere, sondern Spielfiguren, die uns kaltlassen.
Regisseur Steffen Höld ist jedenfalls idealer Partner für derartige Themenbereiche: Im Trash-Bereich scheint er sich wohl zu fühlen und jene TV-Formate, die gnadenlos Privates vor den öffentlichen Vorhang zerren, bestens zu kennen. Außerdem hat er Spaß am Formen fickrig-fiebriger Bühnentypen, an halbdebilen Comedy-Hirten und Slapstick-Tollpatscherten, an rasanten Tempi und Lachtränen verursachender Schlagerpersiflage. So lässt er sich - nun, sagen wir - inspirieren von Big Brother über Starmania bis hin zu Dschungel-Ausflügen und diversen Kupplershows. Energiegeladene Gefährten bei der flotten, stellenweise aber doch eindimensional langweiligen Bühnenshow mit dem genialen Sound-design von Gilbert Handler sind Margot Binder als toughe Haudrauf-Lady, Matthias Hack als Möchtegern-Rundumbumser mit Klemmhosenproblemen. Eckart Schönbeck zeigt viele Facetten in der Darstellung des aggressiven Tablettenjunkies, Ingrid Höller und Maxi Blaha mimen überzeugend plump-tumbe Frauentypen. Zwei Stunden mit Lach- und Langweilsequenzen.
Thomas Baums Groteske über die moderne TV-Welt wurde am Donnerstag im Linzer Theater Phönix uraufgeführt
Dr. Jürgen Huber ist Leiter der Programmentwicklung des quotengeilen Fernsehsenders „Kabel 9“. Just vor einer heißen Nummer mit seiner Stellvertreterin und Geliebten Carmen gesteht sie ihm, dass sie sich auch um den Posten des Generaldirektors bewerben wird. Statt sanften Massagen herrschen alsbald harte Bandagen zwischen beiden — durchaus im wörtlichen Sinne: „Ring frei“ im nicht nur verbalen Schlagabtausch zwischen den Geschlechtern um Macht und Karriere.
Eine „Groteske“ nennt der Linzer Autor Thomas Baum seine fast zweistündige, bitterböse Persiflage. Baum (48), der eben mit dem Drehbuch zum Traunsee-Kino- thriller „In 3 Tagen bist Du tot“ einen verdienten Erfolg landete, nimmt in dieser irr witzigen Parabel unsere schöne neue Fernsehwelt mit seinen kamerageilen Protagonisten recht drastisch auf's Korn. Mit deftiger Sprache und einem Zug ins Klamaukhafte, das Regisseur Steffen Höld in seiner — passend aufgedrehten — Inszenierung bisweilen fast schon ins Comic-hafte (Schlägerei in Zeitlupe ...) übersteigert. Alles eine Spur mehr witzig als tiefsinnig.
Höld, der im Phönix selbst lange auf statt hinter der Bühne stand, verwandelt dieselbe dazu im Verein mit Ausstatterin Jana Heim in ein Fernsehstudio. Da gewähren zwei Fernseher dem Publikum den ganzen Abend über einen Blick hinter die Kulissen, machen — ganz im Stile von „Big Brother“ oder „Taxi Orange“ — das Private öffentlich. Offenbaren auf der Suche der zwei Kontrahenten nach dunklen Flecken im Leben des jeweils anderen etwa:
Dass Jürgen eine kinderlose, dafür aber kaufsüchtige Ehefrau Lotte (Ingrid Höller) hat, die just an der von ihm erfundenen Doku-Soap „Hilfe, ich will von Dir ein Baby“ teilnimmt, um im Falle der Befruchtung durch einen Wildfremden die Siegesprämie von 100.000 Euro einzustreifen. Carmen dagegen ist magersüchtig, Bruno (sehr gut: Eckart Schönbeck), ein Exekutor, kann ohne Tabletten seine Aggressionen nicht bändigen.
Großes Lob gebührt dem Ensemble, angefangen bei Matthias Hack und Margot Binder in den Hauptrollen bis zu Maxi Blaha als „Wurstfachverkäuferin“. Ganz köstlich als „sibirischer Tornado“ — ein deutsch radebrechender russischer „Sexualentstörungstrainer — ist Theo Helm.
Uraufführung im Theater Phönix
Wir sind erschöpft, Borderliner des Spätkapitalismus. Egal, ob auf der Seite der großen Geldscheffler oder der kleinen Geldhechler.
Linz. Jürgen, Programmchef einer privaten TV-Anstalt, fordert von der Wurstverkäuferin die Befriedigung seiner „Wurst“. Der Reißverschluss klemmt. Carmen, Jürgens Assistentin und Liebesgespielin, will von einem Saunagast den Finger tief reingesteckt bekommen. In den Mund, damit sie als Magersüchtige endlich kotzen kann.
Böses Privatfernsehen. Uraufführung von Thomas Baums Harte Bandagen am Donnerstag im Linzer Theater Phönix: Die Welt ist, was in den Medien passiert. Jürgen und Carmen bekämpfen einander um den Direktorenposten einer privaten TV-Anstalt. Das Problem dieses Stücks: Es bietet keine neuen Erkenntnisse.
Regisseur Steffen Höld beweist Mut zur Länge. Vielmehr: Höld verzichtet auf dramaturgische Straffung. Die Idee, einige Textpassagen in Schlagerform darzubieten, überzeugt selten. Trash ist okay, hier zerreißt er wiederholt den Handlungsfaden. Das Geschehen hinter der Bühne (ein karges, in fünf Kabinen geteiltes Tür-auf-Tür-zu-Ambiente von Jana Heim) wird abgefilmt und für das Publikum auf zwei TV-Schirmen sichtbar gemacht. Die Kamera dringt in den Privatbereich vor. Geschenkt.
Schlammschlacht. Jürgens Frau Lotte (Ingrid Höller) gefährdet seine Karriereambitionen durch öffentliches Kopulieren in seiner TV-Show „Hilfe, ich will von dir ein Baby“. Als ihr Begatter hält Theo Helm her, mit mehreren komischen Szenen als russischer „Sexualentstörungstrainer“ Ivan. Matthias Hack (Jürgen) und Margot Binder (Carmen) verbleiben am Ende des Geschlechterkampfs Blut- bzw. Ketchupverschmiert. Die Unterschicht (Mittelschicht gibt\'s keine mehr) verkörpern die Wurstverkäuferin Manuela (Maxi Blaha) und der Schnüffler Bruno (Eckart Schönbeck): beide kaputte, letzte Vertreter einer romantischen Idee von Liebe.
Medienbedingtes Untergangsszenario? Oder doch nur ordinäre Schlammschlacht? Es bleibt bei der Farce, und dafür sind zwei Stunden ohne Pause zu lang.
Thomas Baums „Harte Bandagen“ als Uraufführung im Phönix:
Hilfe! Das Theater als Soap-Sex-Sport-Arena. Läuft so etwas im Fernsehen, hab\' ich die Freiheit zwischen weiterzappen oder ausschalten. Im Theater gibt\'s nur: durchtauchen! „Harte Bandagen“ heißt das jüngste Stück von Thomas Baum, uraufgeführt im Linzer Phönix-Theater. Sie dürfen den Titel sehr wörtlich nehmen.
In „Harte Bandagen“ nimmt Baum das Zeitalter der Doku-Soaps und Sticoms auf die Schaufel. Er erweitert das Fernsehspektrum um die Bühnenversion. Sagt er. Aber tut er es wirklich? Für mich stellt es sich als simpel-ärgerliche Überhöhung des Fernsehunwesens dar. Sex als Verkaufsmittel nicht zu vergessen. Und in die Vollen gehen. Das ist nicht komisch, nicht einmal tragikomisch.
Obwohl: Das Team scheint für die Umsetzung zu brennen. Regisseur Steffen Höld macht der Quotenschlacht Feuer, Jana Heim liefert eine klinische Optik mit (voyeuristischem Seiten-) Blick auf die Hinterbühne, Cornelia Kraske schneidert sexy Klamotten für die Damen, Altbackenes für die Herren. Richtig sehenswert ist diesmal das Ensemble: Matthias Hack als Ober-TV-Macho, Margot Binder als seine Konkurrentin, Theo Helm als Hosentaschen-Borat, Ingrid Höller als verhuschte Sex-Kaufsüchtige. Voll Fleisch und Blut: Maxi Blaha als Wurstverkäuferin und Eckart Schönbeck als aggressiver Exekutor.