Kabale und Liebe

Sujet: Dini Hroß
Premiere:
07.05.2009
Dauer:
-
Spielstätte:
Saal

Besetzung


Bearbeitung
Hakon Hirzenberger


Kostüme
Andrea Bernd

Musik
Sir Henry

Lichtgestaltung
Stefan Pfeistlinger

Lisa Fuchs
© Raphaela Danner
Lisa Fuchs
Matthias Hack
© Tania Marcadella
Matthias Hack
Theo Helm
Theo Helm
Ferdinand Kopeinig
Ferdinand Kopeinig
Daniel Pascal
Daniel Pascal
Judith Richter
© Tom Mesic
Judith Richter
Eugen Victor
Eugen Victor

Inhalt

Skrupellos hat sich Präsident von Walter am Hofe des Herzogs hinaufgearbeitet, und natürlich soll sein einziger Sohn Ferdinand in seine Fußstapfen treten. Durch die Verheiratung mit Lady Milford, der Geliebten seines Herzogs, will er nicht nur Ferdinand befördern, sondern auch den eigenen Einfluss sicherstellen. Umso größer ist sein Entsetzen, als er erfährt, dass Ferdinand die Hofwelt ablehnt und sich stattdessen in die bürgerliche Luise Miller verliebt hat, der er zu allem Überfluss auch noch die Ehe versprochen hat. 

Um dies zu verhindern, scheut der Präsident weder List noch Skrupel, und tatsächlich scheint die Intrige aufzugehen ...

Der 23-jährige „Stürmer und Dränger“ Friedrich Schiller schrieb dieses bürgerliche Trauerspiel, das 1784 mit großem Erfolg uraufgeführt wurde. Hakon Hirzenberger inszeniert das Stück als ironisch-rasanten Gesellschaftsthriller um das Scheitern der ersten Liebe an den Klippen zynischen Machtkalküls und falsch verstandenen Standesbewusstseins.

Einblicke

Dini Hroß
© Dini Hroß
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger

Pressestimmen

Die Hormone spielen verrückt

226 Jahre alt ist „Kabale und Liebe“ – geschrieben vom 23-jährigen Friedrich Schiller, der darin eigenen Sturm und Drang und bittere Erfahrungen mit Machtwillkür und Standesdünkel niedergeschrieben hat. Flott und erfreulich kurz wird der Klassiker im Theater Phönix gezeigt.

Sturm und Drang sind schon auch ein Übel: Wenn Herzen und Lenden begehren, was nicht sein darf, dann spielen nicht nur Hormone verrückt. Schiller hat als 23-Jähriger – nochmals: 23 Jahre jung! – „Kabale und Liebe“ geschrieben: sensationell! Denn trotz der unerträglichen Längen voll von Katholizismus-Wulst und ausufernden Dialogen fesselt das Stück mit seiner kraftvollen Sprache, seiner Direktheit und Zeitlosigkeit.

Hakon Hirzenberger hat es von allem unnötigen Ballast befreit und gerade noch die Grundstory übrig gelassen, was – mit Verlaub, Herr Schiller – ausreichend ist für Verständnis und Spielhandlung. Und er inszeniert es in eineinhalb Stunden als flotte Love-Story zwischen TV-Family-Soap, urkomischem Comic und ernsthafter Tragödie. Er weiß mit Ironie, mit Brechungen perfekt umzugehen: Das macht Spaß, das macht Vergnügen. Nur manchmal, wenn Liebe und Verzweiflung leisere Töne bräuchten, dröhnt er sie mit allzu viel Geschrei zu. Sir Henry – Soundtrack-Zampano an der Berliner Volksbühne – hat sich diesmal inspirieren lassen vom deutschen Liedermacher Franz Josef Degenhardt, dessen humorvoll-zynischer „Deutscher Sonntag“ uns zu Beginn schildert, wo wir uns befinden: in einer stinknormalen Kleinstadt, in der Machtmissbrauch, Neidgenossenschaft und kleinbürgerliches Standesdenken Nachbarn sind. Sir Henry schwingt sich auf zu schwelgerischem Film-Soundtrack, zu sentimentalen Tränendrückern und zu witzigen Trickfilmsequenzen: einfach genial!

Das Ensemble brilliert im zeitlosen Klassiker: Ferdinand Kopeinig als Ferdinand, der Sohn des Präsidenten, der sich gar nicht standesgemäß in die Musikustochter Luise verliebt, ist ein hormonell Gedrängter, ein jähzorniger Hitzkopf, dem das Zuhören nicht Tugend ist. Lisa Fuchs als Luise Miller ist das gefühlsmäßig hin- und hergerissene junge Mädchen mit Selbstbewusstseinsausbrüchen.

Zu komödiantischer Höchstform läuft wieder einmal Theo Helm auf, als g’schamster Diener mit Starallüren – und er stirbt einen überaus eindrucksvollen Bühnentod! Matthias Hack mimt überzeugend einen erbärmlich intriganten Typen. Judith Richter ist als Lady Milford eine kokette Mätresse mit Kalkül und aufwallendem Gefühl für Ferdinand. Als Gäste mit dabei: Daniel Pascal, der unter der leitenden Regiehand punktgenau den Typus Trachtenanzug-Loden-Dorfkaiser trifft. Eugen Victor als Musiker Miller ist ein liebevoller, auch aus Egoismus liebender Vater.

Die Bühnenlandschaft von Stefan Pfeistlinger symbolisiert Hierarchie-Ebenen und zeigt mit wenigen, aber eindeutigen Details soziale Verhältnisse: die Präsidenten-Türe, die wir aus der Hofburg kennen, plüschiges Mätressenlager, armseliges Backstein-Heim.

„Kabale und Liebe“ ist in dieser Umsetzung ein programmierter Renner!

Silvia Nagl, OÖN, 09.05.2009

Kabale in der kleinen Stadt

Am Beginn ist Hakon Hirzenbergers Kabale und Liebe nicht bürgerliches Trauer- sondern amüsantes Kammerspiel. Untermalt von Franz Josef Degenhardts Song Deutscher Sonntag kriegt man zunächst Luise (Lisa Fuchs) samt ihrem Vater (Eugen Victor) zu Gesicht. Im Dunkeln dahinter lässt sich die Konkubine des Herzogs, Lady Milford (Judith Richter), von Präsident von Walter (Daniel Pascal) die Strümpfe ausziehen. Stefan Pfeistlingers Bühne erstreckt sich über drei Ebnen, von der kleinbürgerlichen Welt über das Schlafgemach der Konkubine bis zum Präsidentenbüro. Es ist am Sohn des Präsidenten, Ferdinand (Ferdinand Kopeinig), über diese Stufen zu hetzen, der idealisierten Liebe zu Luise hinterher, die Fänge seines Vaters und dessen Sekretärs Wurm (Matthias Hack) fliehend, mit Zwischenstopp in den Armen Lady Milfords. Rund wird die Sache allerdings auch gegen Ende nicht, denn der tragische Schluss wirkt etwas fertig erzählt.

Wolfgang Schmutz, Der Standard, 09.05.2009

Schillers „Kabale und Liebe“ in zeitgemäßem Format

Theater Phönix: Viel verdienter Applaus für das Leading Team und die großen Gefühle der Darsteller

Mit Friedrich Schillers einzigem „bürgerlichen Trauerspiel“ in der stark gekürzten, doch griffigen Bearbeitung und Inszenierung von Hakon Hirzenberger, schließt „das Phönix“ bekanntlich sein Jahresthema „Sturm und Drang“ ab. Milieu und Thematik des als realistisch- revolutionär konzipierten Stückes kannte der Dichter zwar aus eigener Erfahrung, hatte die Handlung jedoch frei erfunden. Den ursprünglichen Titel „Luise Millerin“ sollte er später auf Rat August W. Ifflands in „Kabale und Liebe“ umwandeln. 

Von Macht- und Karriere-Interessen 

Um die so gegensätzlichen und doch schicksalhaft ineinander verwobenen Themen geht es: Einerseits um die unstandesgemäße Liebe des jungen Ferdinand von Walter (temperamentvoll und facettenreich: Ferdinand Kopeinig), aufmüpfiger Sohn des Präsidenten am Hof eines deutschen Fürsten (von eleganter Skrupellosigkeit: Daniel Pascal), zu Luise, einem netten bürgerlichen Mädchen (Lisa Fuchs, glaubwürdig in jeder Phase), Ein und Alles ihres warmherzigen Vaters, eines Musikers (Eugen Victor: wie immer ein Père noble), in dessen Wohnung das Liebespaar dezent-eindeutig gleich „zur Sache“ kommt. Zeitgemäß eben. 

Andererseits, in Zeiten wie den unseren fast schon alltäglich, geht es um die Macht- und Karriere-Interessen des skrupellosen Präsidenten und seiner Kreaturen: des Hofmarschalls von Kalb („unfreiwillig“ köstlich witzig: Theo Helm), und des Haussekretärs Wurm (ein symbolhafter Name für Matthias Hack!); bleibt noch Judith Richter als die Britin Lady Milford, die im Land verachtete Geliebte des Herzogs, zu nennen. Zwar liebt sie Ferdinand und soll ihn sogar auf Wunsch des Präsidenten heiraten. Das aber lehnt Ferdinand mit vehementen Beleidigungen ab. Erst die Erzählung ihres Schicksals belehrt ihn eines Besseren. Er bereut seine Fehleinschätzung so sehr, dass er sie sogleich vernaschen will, doch kommt es nicht „dazu“. Eine besonders infame Intrige des Präsidenten und Rabenvaters, ein von diesem erzwungenes „Geständnis“ Luisens, hat jedoch Erfolg und führt zum tragischen Ende. 

Es zeichnen: Stefan Pfeistlinger für die ansprechende Einheitsbühne/Lichtgestaltung, Andrea Bernd für die Kostüme (unaufdringlich und von heute) und Sir Henry für die Musik.

Margret Czerni, Neues Volksblatt, 09.05.2009

Schiller als Gesellschafts-Thriller

Erfolgreiche „Kabale und Liebe“-Premiere im Linzer Phönix

Wer bei Friedrich Schiller an schwere Klassik denkt, sollte ins Linzer Theater Phönix kommen. Dort wird er eines Besseren belehrt. Hakon Hirzenberger inszeniert Schillers bürgerliches Trauerspiel „Kabale und Liebe“ als höchst politischen Gesellschaftsthriller mit auch (zeit-)satirischen Momenten. Langer, heftiger Beifall!

Regisseur Hakon Hirzenberger konzentriert sich in seiner Fassung auf die Mechanismen der Korruption. Das dreistufige Bühnenbild von Stefan Pfeistlinger ordnet oben die Präsidentensuite an, in der Mitte das Bett Lady Milfords und unten die bürgerlichen Millers.

Daniel Pascal brilliert als Präsident und Emporkömmling im Steireranzug, dem nicht einmal der Tod des eigenen Sohnes die Gier austreibt. An seiner Seite schlängelt sich Sekretär Wurm, dem Matthias Hack eine dummdreiste Note gibt. Theo Helm ist ein „crazy“ Hofmarschall, der Hirzenbergers Konzept – nämlich amerikanisierte Kultserien subtil anzudeuten – torpediert. Auch Sir Henrys Musik lässt darauf schließen.

Trotz kitschiger Momente bleibt die starke Aussagekraft. Darum kann Ferdinand Kopeinig als Präsidentensohn volle Gefühle ausspielen. Durch ihn wird Liebe allmählich als Schlinge sichtbar, die einer dem anderen um den Hals legt. Auf Luise, die Lisa Fuchs als pragmatisches Mädchen zeigt, wirkt das bedrängend. Auf der anderen Seite engt sie eine von Eugen Victor fein gebaute Vater-Tochter-Beziehung ein. Lady Milford wird von Judith Richter als selbstbewusste Konkubine charakterisiert.

Elisabeth Vera Rathenböck, Krone, 09.05.2009

Stringenter Schiller

Mit Friedrich Schillers Kabale und Liebe setzt das Theater Phönix seine Reihe straff und gültig inszenierter Sturm- und Drang- Produktionen fort.

Regisseur Hakon Hirzenberger realisiert eine auf den Punkt gebrachte Strichfassung, legt den Kern der Handlung frei und lässt sie möglichst frei von Pathos schnörkellos ablaufen (wobei natürlich manchmal der Text diese Absicht konterkariert und für ungewollte Lacher sorgt). Stefan Pfeistlinger baute eine Art dreistufige Simultanbühne, die für schnelle, reibungslose Übergänge und Szenenwechsel sorgt: oben das Büro des Präsidenten, dann das Schlafzimmer der Lady Milford und unten das bescheidene, an eine Feuermauer angrenzende Wohnzimmer der Millers, in dem Luise vor dem Fernseher sitzt. Ein Bild, das die Gerichtetheit von Macht und Intrigen von vornherein klärt und an Deutlichkeit kaum zu übertreffen ist.

Auch Hirzenbergers Personenführung lässt keine Umwege und Ausflüchte zu; direkt und unzweideutig lässt er die Charaktere agieren. Lisa Fuchs ist eine von Begehren und Zweifel geschüttelte Luise, die aber nichts weniger will als zu sterben, Ferdinand Kopeinig ein den Intrigen seines Vaters nicht gewachsener und daran scheiternder Ferdinand. Daniel Pascal verdeutlicht als Präsident von Walter, wie er an die Macht kam – ein gnadenloser Ellbogenkämpfer, der ohne jedes Mitgefühl auch den Tod seines Sohnes wegstecken wird. Theo Helm zeigt den Hofmarschall von Kalb als geschmeidigen Lobbyisten, bereit, jedem Windhauch nachzugeben, egal, woher er weht. Judith Richters Lady Milford hat sich zwar in den Verhältnissen gut eingerichtet, aber doch einen Rest von Selbstachtung bewahrt, den Matthias Hack als Sekretär Wurm aufzugeben bereit ist. Eugen Victor ist ein egoistisch liebender Vater Miller, voll von Selbstmitleid. Sir Henrys Bühnenmusik, ein melodramatischer Soundtrack, ist wunderbares Setting und begleitender Kommentar des Geschehens.

Christian Hanna, OÖ Kulturbericht, 01.06.2009