Nach dem Kulturhauptstadtjahr plant der Linzer Regisseur Fred, der bislang vor allem als Ehemann der verschwundenen Erbin der Wiener-Wald-Restaurantkette im Gespräch war, einen Film über Linz zu drehen. Ein großer experimenteller Kinofilm über das Selbstbewusstsein der Stadt soll es werden, mit Platzierungschancen auf internationalen Festivals. Als Hauptdarstellerin sucht er eine junge Frau mit Linzer Wurzeln. Seine Favoritin ist Alica, Starlet aus der Hammerwegsiedlung – und Model der letzten Wiener-Wald-Kampagne.
Während es für Alica also beruflich sehr gut aussieht, steckt sie privat in einer Krise. Sie konsultiert einen Analytiker und legt sich auf die Couch, erzählt und phantasiert. Als sie beim Casting für den Linz-Film den Regisseur Fred kennenlernt, wird ihr schlagartig die Ähnlichkeit zwischen Fred und ihrem Analytiker bewusst. Sie entdeckt Parallelen zwischen Freds Privatleben und ihrer eigenen Vergangenheit. Wie ihre Namensverwandte taucht Alica allmählich in eine wundersame Welt, ein Wunder-Linz, in dem alles Heimische plötzlich unheimlich wird.
Uraufführung: „Linz auf der Couch", eine Persiflage von Katrin Mackowski auf die Kulturhauptstadt, im Linzer Theater Phönix
„Psychoanalyse ist jene Krankheit, für deren Therapie sie sich hält", ätzte einst Karl Kraus. So weit ist es mit „Linz auf der Couch", kreiert und inszeniert von Katrin Mackowski (Jg. 1964), nun sicher nicht. Aber eine echte Therapie oder tiefer gehende Diagnose der Linzer Leiden gelingt der in Wien lebenden deutschen Autorin und Filmemacherin auch nicht. Der wünschenswerte „Blick von außen" auf die (Ex-)Kulturhauptstadt bleibt so trüb wie das Wetter, bei dem die meisten Interviews für die zahlreichen Videozuspielungen gedreht wurden. Mackowski hat für ihr Regiedebüt gleichsam Sigmund Freud als Folie über Linz gelegt: Die von Selbstzweifeln geplagte Alicia (gut: Nicola Trub), als „Mädchen aus der Hammerwegsiedlung" ein Inbild für die Durchschnittlichkeit und das „mangelnde Selbstbewusstsein" der Stadt, will „lieber nach Berlin oder Wien, einfach weg". Auf der Couch ihres gelangweilt zuhörenden Psychoanalytikers (Michael Smulik) flüchtet sie sich wie ihre Namensvetterin Alice ins Wunderland, diesfalls der beruflichen und erotischen Fantasien. In ihren Tagträumen ist aus dem desinteressierten Seelenklempner der draufgängerische Filmproduzent Fred geworden, der ihr fortlaufend nicht bloß geschäftliche Angebote unterbreitet. Auch dessen nur auf Bildschirm und Leinwand präsente Assistentin Eve (Melanie Herbe) übt große Anziehung auf Alicia aus, entpuppt sich letztlich aber als Freds lesbische Gattin und verschwundene Wienerwald-Erbin Uschi. Dazu wird viel über Linz schwadroniert, wird Altbekanntes über Hitler, Stifter, Kepler heruntergebetet. Seine besten Momente hat das Zwei-Personenstück, wenn es Linz09-Projekte auf die Schaufel nimmt. Wie den „Kranken Hasen", als dessen Personifizierung Smulik gekonnt einen schrägen Rap hinlegen darf - und am Ende samt Gattin von Alicia wie ein räudiges Karnickel abgeknallt wird. „Zerstückelt wie diese Stadt" präsentierte sich im konventionellen Bühnenbild von Martina Kornfehl auch die Aufführung, in deren Kürze von 70 Minuten neben wenig Würze (wie einem gewissen Überraschungsmoment) viele Längen lagen, bedingt durch den nur sehr losen, etwas wirren Handlungsfaden.
Was Linz alles aushalten muss: Nach dem Kulturhauptstadtjahr noch gar nicht im Katzenjammer angekommen, wird im Theater Phönix schon eifrig analysiert. Und zwar frei nach Freud: Minderwertigkeitskomplex (kleiner als Wien) und der Umgang mit der eigenen Geschichte (Hitler) bilden die Ausgangsthese für Katrin Mackowskis Linz auf der Couch. Die Autorin und Regisseurin hat in Linz recherchiert und sich für ihr Stück u. a. von Linz09-Projekten inspirieren lassen. Dazu kommt die Society-Mottenkiste: Angespielt wird auf die Entführung der Tochter des Wienerwald-Gründers Friedrich Jahn, die hier Uschi heißt und ein Gesellschaftsluder ist.
Hauptpersonen sind jedoch andere: Die hoffnungsvolle Jungschauspielerin Alicia (Nicola Trub) wird vom durchgeknallten Regisseur Fred (Michael Smulik) für ein monströses Filmprojekt engagiert, das u. a. die Sprengung der Voest vorsieht. Das Geld dafür steuert dessen Gattin Uschi Jahn bei, die als Übermutter-Assistentin namens Eve (Melanie Herbe) am Bildschirm zugegen ist. Von dort aus macht sie mit laszivem Zungengeschlecke Alicia an. Das versucht auch der dauererregte Regisseur. Darüber legt Mackowski eine zweite Folie, in der Fred die Rolle von Alicias Psychiater einnimmt.
Aus dem Irrsinn des Filmprojekts und des Pärchens befreit sich Alicia mit Waffengewalt. Wir nehmen zur Kenntnis: Das psychoanalytische Gebet von Eros bis Thanatos ist komplett, und die Couch reichlich durchgesessen. Banal die Deutung des Ganzen; Alicia und Fred stehen für das größenwahnsinnige Linz, wobei der ängstlich-häsische Part dem Regisseur zufällt, über den Alicia als echtes Linzerkind triumphiert. Alles klar?
Mit der Vergabe eines Auftragswerkes an eine bislang unbekannte Theaterautorin ist naturgemäß auch das Risiko des Scheiterns verbunden. Das hat sich bei der Uraufführung von „Linz auf der Couch“ im Theater Phönix bewahrheitet.
Mit „Linz auf der Couch“ sollte eine „Art Doku-Drama“ entstehen - so wurde es angekündigt. Ja, das stimmt sogar: Das Stück ist ein bisserl Doku und, im wahrsten Wortsinne, ein Drama. In einer Mischung aus pseudopsychologischem Geplänkel und nichtssagendem Nonsens, mit ein paar schrägen Ideen und vermeintlich erotischem Getue auf der Bühne und auf der Leinwand in Form von roten Lippen und sonstigen weiblichen Attributen - und das Ganze krampfhaft mit Linz-Bezügen garniert.
Es ist das erste Theaterstück der in Wien lebenden Autorin Katrin Mackowski, das auf der Bühne umgesetzt wird. Und sie führt - ebenfalls erstmals -gleich selbst Regie.
Alicia, eine kleine graue Maus im roten, kessen Kleid -ein „proletarischer Outdrop“ -möchte mehr sein, als sie ist. Deshalb liegt sie beim Therapeuten auf der roten Couch und rutscht, Alice im Wunderland gleich, in eine Traumwelt, wo sie wieder auf ihren Therapeuten trifft, der sich zum irren Filmemacher Fred gewandelt hat. Und der ist - ach, wie originell - mit der Tochter des aus Linz stammenden Wienerwald-Gründers Jahn verheiratet, die wiederum - es wird noch origineller - mit der Frau des Linzer Bürgermeisters eine lesbische Beziehung unterhält....
Nun ja, Katrin Mackowski vermischt und verwischt Inhalte und Spielebenen zu einem absolut nicht schlüssigen Verwirrspiel. Und Linz? Linz kommt auch immer wieder mal vor. Das alles ist verwirrend, mühsam, langatmig und schließlich auch ärgerlich. Am besten ist, den gnädigen Schleier des Vergessens über diesen Theaterabend zu legen.
Von Bühnenbildnerin Martina Kornfehl lässt sie sich in dem kleinen Theaterraum eine Art Couch mit zwei igluartigen Enden bauen, benutzt sie dann aber eh kaum. Die beiden Bühnenakteure mühen sich redlich ab, können dem Nonsens aber auch keinen Sinn geben. Nicole Trub spielt die Rolle der Alicia mit erfrischender Selbstverständlichkeit und sympathischer Natürlichkeit. Michael Smulik gibt dem Fred auch komödiantische Anklänge und lässt als rappender Hase aufhorchen. Manche der Premierengäste haben die Vorstellung versäumt, weil sie im Schneechaos hängen geblieben sind: Sie haben nicht das schlechtere Los gezogen.
Nicola. Trub und Michael Smulik spielen in „ Linz auf der Couch “
Uraufführung von „Linz auf der Couch“ im Phönix-Theater:
So ist das also, wenn jemand (Katrin Mackowski) von außen (Wien) kommt, ein Jahr lang die Kulturhauptstadt beobachtet und sodann ein Stück darüber schreibt. Dann heißt es „Linz auf der Couch“ und wird im hiesigen Phönix-Theater aufgeführt. Ein albernes Lust-Spiel, das die Stereotypen nachhaltig weiterbedient …
Ich zitiere nur einen Satz aus der Inszenierung, der da heißt: „Sag mir endlich, was hier gespielt wird.“ Ja, bitte!
Für Katrin Mackowski, eine anerkannte Filmemacherin, ist es zwar nicht das erste Stück, aber die erste Theaterinszenierung, die sie hier abliefert. Und irgendwie scheint es, als hätte sie sich einfach zu viel Butter aufs Brot geschmiert. Da gibt es die Kulturhauptstädter samt ihrem kranken Hasen, da sind ein Psychotherapeut und seine Klientin, da lechzt ein Filmproduzent nach seiner Idealbesetzung, die Frauen liegen auf der Couch, die Männer auf ihnen. Dazu schwirren noch eine Menge Geister durch das Phönix-Studio: Meister Freud ebenso wie der Hendl-Jahn, seine Tochter, Fausts Gretchen. Es ist zu viel!
Rund um die knallrote Couch (Bühne: Martina Kornfehl) spielen Nicola Trub die Alicia und Michael Smulik sowohl den Analytiker als auch den Filmproduzenten. Der größte Pluspunkt der konfusen Inszenierung ist das Spiel mit Videoprojektionen von Esther Straganz: Da macht sich die Filmemacherin positiv bemerkbar.