Plutos, der Gott des Reichtums, ist blind und alt und verteilt das Geld wahllos in der Welt. Das bringt die anständigen und armen Bürger in Rage, die mit ansehen müssen, wie sich Schurken aller Art bereichern. Auch den armen Bauer Chremylos plagen daher große Sorgen. Er weiß nicht, was er seiner heranwachsenden Tochter raten soll: Muss sie ebenfalls betrügen, um es einmal besser zu haben? Währenddessen streift die Tochter lieber singend über die Felder, bis sie über eine wichtige Frage stolpert: Welchen Beruf würdest du wählen, wenn für dein Einkommen gesorgt wäre?
Ausgehend von Aristophanes’ antiker Komödie „Plutos“ entwickelt die junge Autorin Marianne Strauhs ein Stück voller skurriler Götter, habgieriger Bürger und Menschen, die neben materiellem Gewinn auch nach dem Sinn in ihrem Leben suchen.
„Material Girl": Stück von Marianne Strauhs, Koproduktion des Theaters Phönix und des Schauspielinstituts der Bruckneruni Linz (Uraufführung, Theater Phönix, 24. 6.)
Gut sein und arm oder korrupt und reich - wie soll man leben? In ihrer spritzig-witzigen Adaption der antiken Komödie „Plutos" (der griechische Gott des Reichtums) stellt die Niederösterreicherin Marianne Strauhs (*1982) die großen Fragen für Jugendliche ab 14 Jahren neu: „Was würdest du arbeiten, wäre für dein Einkommen gesorgt?"
In die Rollen der antiken Götter und Helden schlüpfen erfrischend spielwütig Studierende des Schauspielinstituts der Bruckneruni: Korbinian Josef Müller ist ein zungenbrecherisch begabter, hyperaktiver „Comicheld" Karion, Paul Brusa ein göttlich skurriler Plutos, Lisa-Katrina Mayer eine erhaben elegante wie mitunter rasende Göttin der Armut, Andreas Niederprüm ein nach außen braver und innerlich zermürbter Chremylos, Nora Undine Jahn eine sinnsuchende, widerborstige und trotzig aufbegehrende Judith.
Bianca Fladerer hat originelle Kostüme designt, ihr aufblasbares Bühnenbild wächst mit Fortdauer des Stücks und seinem Erkenntnisgewinn. Leider setzt nur Regisseur Heiko Senst - wohl im gut gemeinten Versuch, bei der Jugend besser anzukommen - auf allzu viel turbulente Blödelei und erstickt damit beinahe die wesentlichen Fragen des an sich guten Stücks. Schade für die jungen Darsteller und ihr Können.
Also so geht\'s ja nun wirklich nicht. Da stehen zu Beginn vier Feldarbeiter auf dem, nun ja, Feld. Singen im Chor, gepriesen sei ehrliche Arbeit. Papa, besorgt um die Zukunft des Töchterchens, muss sich von ihr anhören: „Was ich werden will, hab\' ich mich noch nie gefragt, ich suche nach Sinn.“ Hä, Sinn? Papa sorgt dafür, dass täglich was zum Essen auf den Tisch kommt. Aber Fräulein Tochter würde gern den Karriereweg als Sängerin einschlagen. Papa Chremylos gefangen im Joch der Arbeit, Tochter Judith hat vermutlich zu viel Musik-TV gesehen. Als Berufsziel singender Bauchnabel?
Uraufführung von „Material Girl“ war am Freitag im Linzer Theater Phönix beim Festival „Schäxpir“. Marianne Strauhs, 1982 in St. Pölten geboren, hat Aristophanes\' antike Komödie „Plutos“ lustvoll und sprachlich gewieft für die Gegenwart übersetzt.
Wirtschaftskrise, war da was? Lieber ein armer Bauer oder doch besser dem Rat Apollons folgend. Apollon (auf der Bühne eine köstliche Mischung aus Alien und Kasperl), König des Lichts, aber für seine orakelnden Ratschläge auch gern Geld entgegennehmend: „Sei korrupt, werde reich.“ Inklusive Disput des Gottes des Reichtums und Armutsgöttin - ja, wo kämen wir denn hin, wenn jeder plötzlich genug Geld hätte? Ungemein kurzweilig inszeniert von Heiko Senst, Spiellust und Durchgeknalltheit auf hohem Niveau, so lustig kann Kapitalismus sein. Donnernder Applaus für diese Komödianten: Andreas Niederprüm, Korbinian Josef Müller, Paul Brusa, Nora Undine Jahn und Lisa-Katrina Mayer.