Nathan

Sujet: Dini Hroß
Premiere:
14.09.2006
Dauer:
-
Spielstätte:
Saal

Besetzung



Kostüme
Christina Kämper

Musik
Arndt Wirth

Lichtgestaltung
Ingo Kelp

Margot Binder
Margot Binder
Lisa Fuchs
© Raphaela Danner
Lisa Fuchs
Matthias Hack
© Tania Marcadella
Matthias Hack
Theo Helm
Theo Helm
Ingrid Höller
© Margit Berger
Ingrid Höller
Bernd Jeschek
Bernd Jeschek
Eckart Schönbeck
Eckart Schönbeck

Inhalt

An die Stelle der Religion muss die Überzeugung treten.
Gotthold E. Lessing 

Tatort Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge. Ein Gebiet zwischen den Fronten: ein Gebiet zwischen Christentum, Judentum und Islam, in dem unter der vermeintlichen Waffenruhe nach wie vor der Konflikt schwelt. Im Zentrum zwischen diesen Glaubens-Fronten steht der reiche jüdische Geschäftsmann Nathan. Von einer Geschäftsreise zurückkehrend, muss er erfahren, dass sich seine Adoptivtochter Recha in einen christlichen Tempelherrn verliebt hat, der sie vor dem Flammentod bewahrt hat. Und der muslimische Sultan Saladin will seine allseits bekannte Freigiebigkeit und Klugheit auf die Probe stellen, indem er die Frage nach der einzigen und wahren Religion stellt. Nathan nimmt die Herausforderungen an und kontert mit einem einzigartigen Plädoyer für die Toleranz zwischen Menschen und Religionen.

Lessings "Nathan der Weise" (1783 uraufgeführt), das Bekenntnis der Aufklärung, scheint Anfang des 21. Jahrhunderts aktueller und notwendiger denn je. Es ist ein eindringlicher Appell an die Vernunft - in Zeiten, in denen religiöser Fanatismus, Dogmatismus und Terrorismus kaum mehr zu überbieten sind - der das planmäßige Töten im Namen des Herrn ad absurdum führt. 

Lessing letztes Drama ist aber mehr als ein Religionsstück: Es propagiert konsequent die Freiheit des Menschen im Denken und Handeln auf dem Weg nach Wahrheit und Humanismus. Und dabei steht nicht die "weise", über alle Zweifel erhabene Kunstfigur Nathan im Vordergrund, sondern der "Mensch".

Einblicke

Dini Hroß
© Dini Hroß
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger
Christian Herzenberger
© Christian Herzenberger

Pressestimmen

Na so was! Eine Jüdin und ein Christ sind Moslems

Eine unverkrampfte, locker-leichte Inszenierung eines Klassikers der Weltliteratur ist seit Donnerstag im Linzer Theater Phönix zu sehen: Gotthold Ephraim Lessings “Nathan“. 

Ein wunderschönes, in seiner Einfachheit beeindruckendes Bild hat Regisseurin Eva Hosemann zur Umsetzung der berühmten Ring-Parabel aus dem “Nathan“ gestaltet: Mit Hilfe von drei Nähspulen erklärt der jüdische Kaufmann Nathan dem muslimischen Sultan Saladin, dass die drei großen Weltreligionen gleichwertig seien. Denn es wäre doch so logisch: “Kann ich meinen Vätern weniger glauben als du deinen? Und umgekehrt?“ 

“Nathan der Weise“ ist ein Lehrstück über unendliche Toleranz, Weisheit, Humanismus und Wahrheitssuche. Hosemann hat dankenswerterweise einiges an Text gestrichen und beweist in den noch verbliebenen zwei Stunden Spieldauer gutes Gespür dafür, gleichsam die Basics herauszufiltern. Ein kluger Satz nach dem anderen, eine Metapher löst die andere ab. Da bedarf es schon der Konzentration. Oder manchmal der Nachfrage - was in dieser Inszenierung ab und an auch passiert: “Habt ihr das verstanden?“ fragt Nathan in die Runde. Oder: “Das versteh ich jetzt net“, sagt der Tempelherr - und der Satz kommt nochmals von vorne. 

Das zeigt, dass Regisseurin Hosemann neben all der nötigen Ernsthaftigkeit auch mit Witz an diese große Weltklassiker-Sache herangegangen ist. Und das tut dem Stück sehr gut. 

Das Theater als Kanzel 

Verblüffend, wie mutig Lessing (1729-1783) seinerzeit war. Er, der wegen seiner Bibelkritik mit Zensur vom Hamburger Hauptpastor belegt wurde, sah das “Theater als Kanzel“. Hier, in seinem 1779 entstandenen letzten Stück, predigte er gescheit und - als zutiefst überzeugter Aufklärer - auch ausufernd lang. So zieht sich auch die letzte Viertelstunde in der ansonsten recht flotten Inszenierung, bis sich die verworrenen Familienbande endlich lösen. “Na so was! Eine Jüdin und ein Christ sind beide Moslems?“, kommentiert dieses Outing der Derwisch, dem Theo Helm mit geschliffen deutlicher Bühnensprache Kontur und Witz gibt. Ein Glücksfall ist Phönix-Gast Bernd Jeschek als Nathan: ruhig, besonnen, unpathetisch und nahbar spricht er weise Worte und zeigt großes Herz. Ein Mann der klaren Vernunft und der schaumgebremsten Emotion. Ein genial durchdachtes Bühnenbild der vielschichtigen Symbolik steuert Stephan Bruckmeier bei: Die auseinanderdriftenden Kontinente auf Wippen sind ständig in Bewegung, werden von den Akteuren erobert, besetzt, durchwandert, umrundet, verlassen. In seiner faszinierenden Wirkung unterstrichen wird dieses Weltbild noch von einem ausgeklügelten Lichtdesign (Ingo Kelp). 

Gelungener Klassiker 

Das Phönix-Ensemble schart sich um Vaterfigur Nathan: Lisa Fuchs als sein trotzig-naives Adoptivkind Recha, eine Christin, die er als Jüdin erzogen hat. Ingrid Höller als kumpelhafte und neugierige Christin Daja in Nathans Haus, weiters Matthias Hack als Saladin und Margot Binder als Saladins Schwester Sittah. Als Tempelherr Eckart Schönbeck, der in diese Rolle viel Dynamik und auch slapsticknahen Humor legt. 

Wiederum eine gelungene und für die Hör- und Sehgewohnheiten unserer Zeit verständlich gemachte Umsetzung eines Klassikers im Theater Phönix. 

Silvia Nagl, OÖN, 16.09.2006