Der Trash-Filmemacher Russ Meyer sinniert über sein Leben und seine Karriere und schwelgt in Erinnerungen an vergangene Zeiten. Doch nach und nach verschmelzen Erinnerung, Phantasie und Wirklichkeit, seine "Ausgeburten filmischer Phantasie" werden plötzlich lebendig. Und er muss am eigenen Leib erfahren, dass "die süßesten Kätzchen die schärfsten Krallen haben", denn die von ihm geschaffenen Weibsbilder Varla und Billie sind wahre Höllenmaschinen, deren Obsession für schnelle Autos allenfalls von der Lust am Töten übertroffen wird. Einer apokalyptischen Plage gleich fallen sie in die dumpfe Männerwelt ein und legen alles um, was sich ihnen in den Weg stellt. Und kein Mann scheint ihnen Einhalt gebieten zu können...
Eine Oper als groteske Gangsterstory, frei nach "Faster, Pussycat! Kill! Kill!" (1966) des jüngst verstorbenen Filmemachers der 60er/70er Jahre Russ Meyer, dessen irrwitzige und die amerikanische Gesellschaft ironisierenden Filme längst Kultstatus erreicht haben.
PREMIERE: Kurzweilige “Pussycats!“ von Androsch/Dörner im Linzer Theater Phönix
Was in den 60er-Jahren noch als obszön galt, was damals als psychopathischer Busenwahn therapierungswürdig war, stilisiert sich - spätestens seit dem Tod des “Walt Disney der Sexfilmer“ - zur viel beachteten Kunst. Ja noch mehr - als bizarr verdrehter “Antistoff“ einer comichaften Antioper fand Russ Meyers Hauptwerk “Faster, Pussycat! Kill! Kill!“ Einzug ins Musiktheater - Premiere war am Donnerstag im Linzer Theater Phönix.
Dabei geht es den Autoren Silke Dörner und Peter Androsch nicht nur darum, das Schmuddeldasein dieser Filme zu karikieren, bzw. das in den Filmen bereits lächerlich gemachte Machoverhalten der Männer doppelt zu übersteigern, sondern gleichzeitig auch die Form der Oper zu hinterfragen - und bis auf den hier oft zitierten “Busen“ bloßzustellen.
Dabei ist der Pornokrimi, der zwischen deutscher und englischer Sprache pendelt, von einfacher Handlung: Zwei latexiert und “petticoatiert“ gekleidete Superbusen (perfekt umgesetzt von Ingrid Höller und Maxi Blaha), die nicht nur auf anatomische Auspuffe geil sind, bringen während eines Autowettrennens “Macho-Tom“ zur Strecke. Dessen Freundin Linda (eine von Christiane Zollhauser mit blonder Brillantine-Locke verziert treffend parodierte Naive vom Lande) wird nun von den beiden als Geisel genommen.
Bei einem Tankstopp fallen sie dem frauengeilen Weiberhasser (Helmut Fröhlich) in die Hände. Doch die beiden legen nicht nur dessen Söhne in erotischer Weise flach, sondern Varla, die Anführerin des Verbrecherduos, “erlegt“ zum Schluss beinahe alle. Nur Linda und der in allen Richtungen verklemmte Sohn Kirk (Gerhard Reiterer) überleben. Besonderes Lob an Matthias Hack, der den geistig zurückgebliebenen Sohn “Gemüse“ brillant komisch anzulegen wusste.
Mit viel subtilem Humor gelang es Harald Gebhartl diese scheinbar harmlose, aber doch immer pointiert spitze Satire auf Männer, Vamps, Fleischeslust und 50er-Jahre derart umzusetzen, dass daraus eine grotesk unterhaltsame Farce entstand, die aber nie unter die Gürtellinie griff und sich in der einfachen Bühne (Peter Stangl) und den knallig bunten Kostümen (Renate Schuler) nie hüllenleerer Slapstick-Comedy hingab.
Auch für Opernmuffel
Peter Androschs Partitur reduziert das “Orchester“ auf vier Instrumente, deren zugespitzte Klanglichkeit mit verzerrten Zitaten aus dem Schlager- und Musicalgenre an die Tingel-Tangel-Kapellen der Varietézeit erinnerte, ohne jedoch abgeschmackt zu sein.
Die formal “klassische“ Oper mit Arien und Ensembles wird gerade dadurch zur schrillen Revue über die engen Grenzen dieses Genres. Dabei erwies sich die Zusammenarbeit der hauseigenen Schauspieler mit den jungen Sängern des Opernstudios der Bruckneruni und vier Damen des Ensembles Sonare (beide geleitet von Thomas Kerbl) als ideal.
Opernmuffel sollten sich nicht vom Begriff “Oper“ abschrecken lassen und diese kurzweiligen “Pussycats“, so der Titel der Show, unbedingt besuchen - es zahlt sich aus.
Peter Androschs “Pussycats!“ im Phönix:
“Pussycats!“ - eine Oper von Peter Androsch und Silke Dörner wurde höchst erfolgreich im Linzer Theater Phönix uraufgeführt. Frei nach und rund um Russ Meyer, dem Walt Disney der Sexfilmer, entwickelt sich ein vor allem triebbetontes muskalisches Brustlustspiel.
Die Pussycats Varla und Billie verführen, fahren Autorennen, morden und wissen ihre großformatigen Reize einzusetzen. Doch es siegen die Guten: die unschuldige Linda und der rettende Kirk - rollenfüllend die Sänger Christiane Zollhauser und Gerhard Reiterer! Ingrid Höller und Maxi Blaha sind wahre Biester abgrundtiefer Geilheit. Helmut Fröhlich ein lüsterner Sexfilmer. Matthias Hack fühlt sich als Gemüse und als Macho wohl.
Androsch mischt einen minimalistischen Klangcocktail mit filmmusikalischem Dekor und melismatischen Arien und findet im Orchester hingebungsvolle Verwirklicher. Regie (Harald Gebhartl), Kostüme (Renater Schuler), Bühne (Peter Stangl) und Licht (Erich Uiberlacker) mischen sich zu guter, leichtlebiger Unterhaltung.
Gelungene Uraufführung von Peter Androschs komischer Kammeroper “Pussycats“ im Linzer Theater Phönix
Im Softporno-Filmchen “Die Satansweiber von Tittfield“ brachen 1966 drei ebenso raue wie üppige Provinzschönheiten den Männern eines US-Wüstennests nicht nur das Herz, sondern auch ihr Genick. Wie alle Billigstreifen des US-Sexfilmkönigs Russ Meyer (1922-2004) nahm “Faster Pussycat! Kill! Kill!“ auch männliches Potenzgehabe im buchstäblichen Sinne lustvoll aufs Korn.
Originaltitel und Handlung griffen der Linzer Komponist Peter Androsch und Librettistin Silke Dörner für eine ebenso Comic-haft überzeichnete Parodie auf diesen und andere Streifen des Filmemachers mit Faible für große Oberweiten auf. Mit solchen sind auch die Amazonen Varla (Ingrid Höller) und Billie (Maxi Blaha) ausgestattet, die in einer Bar den Macho Tom zuerst heiß und dann kalt machen. Mit seiner von ihnen gekidnappten Verlobten Linda (Christiane Zollhauser als wahre Unschuld vom Lande) verschlägt es sie zwecks Schatzsuche an die Tankstelle eines Frauenhassers (Helmut Fröhlich) und seiner nicht ganz hellen Söhne (köstlich: Matthias Hack, Gerhard Reiterer). Dem finalen, letalen Massaker, das Varla am Ende veranstaltet, gehen diverse Fluchtversuche Lindas voraus, die mit Sohn Kirk als Einzige überlebt. In ihr Schlusslied, das sie (die einzigen Sänger im Ensemble) mit Inbrunst schmettern, stimmen auch die kurzfristig von den Toten erwachenden Hingemetzelten ein.
Parodie auf Sexfilme und die Oper selbst
Androsch und Dörner gelang im Verein mit der bis in kleinste Details sorgfältigen Regie Harald Gebhartls das Kunststück einer komischen Kammeroper, die nicht nur das Genre Sexfilm mit den Mitteln der Oper parodiert, sondern nebenbei auch noch das Genre Oper selbst. Aus der Konfrontation dieser beiden meilenweit voneinander entfernten Welten erwachsen überaus witzige 90 Minuten, wobei sich Androsch formal streckenweise an die fast altmodische Opernstruktur samt Arien, Duetten und Sprechgesang hält. In seinem “Soundtrack“ klingt sogar noch die Musik und Geräuschwelt des Mittleren Westens bis hin zur Dampflok durch. Die kammermusikalische Instrumentierung (gut: Ensemble Sonare) erlaubt freilich kein Schwelgen in Klangfülle. Peter Stangl hat dafür ein zuckerlrosa Bühnenbild bis hin zum lila Flügel (aus dem Bösendorfer wird hier ein Busendorfer) geschaffen, Renate Schuller schrille Kostüme. Die sechs Darsteller, allen voran Energiebündel Ingrid Höller, entpuppten sich durchwegs als begnadete Komödianten. So gaben Androsch, Dörner und Gebhartl, die Filmvorlage von Russ Meyer locker umgeschnallt, einer ungeduldig wiehernden Fantasie die Sporen, die hier zu verdienen waren - und verdient wurden.
Androsch/Dörner-Uraufführung: „Pussycats!“
„Zur Hölle mit der Kunst, runter mit den Blusen!“ – Russ Meyers bekannte Vorliebe für das, was so mächtig wie möglich darunter liegt, erlebte die Fangemeinde der 60er und 70er Jahre in Form grotesk-parodistischer Sex & Crime-Geschichten, wilder Kameraführung und rasanter Schnitte. Am besten vielleicht im Film Faster, Pussycat, Kill!Kill! (1966). Schon jahrelang spielte Peter Androsch mit dem Gedanken, sich dieses naiv-eintönigen Stoffes anzunehmen und ihn noch einmal ironisch zu verdrehen.
Nun exhumierte er mit Silke Dörner (Text) die Story, schleuste den vor einem halben Jahr verstorbenen Obermacho Meyer selbst in die Handlung ein, machte ihn zum Opfer seiner eigenen Mord(s)weiber und ließ die Apokalypse schließlich versöhnlich enden, wie es sich für eine zünftige Opera buffa gehört: Der alte Russ erwacht von einem Alptraum, in dem Erinnerungen, Filme, Fantasie und Wirklichkeit verschmolzen. Er wiederholt den Prolog. Dazwischen lag ein Fegefeuer für den Brüste-Lüstling. Wäre er das nicht gewesen, meint er, hätte ein Genie aus ihm werden können.
Peter Androsch ging mit Pussycats! „back to the roots“ und flocht aus musikalischen Einflüssen eine schlanke, klanglich dennoch vielfältig schillernde Folge aus Songs und Instrumentaleinschüben, die durch übergreifende thematische Verbindungen in minimalistisch dominierter Form zusammengehalten werden. Die raffinierte Instrumentierung – präpariertes Klavier, Akkordeon, Klarinette, Bassklarinette und E-Bass – ermöglicht orchestrale Breite für Weill-, Eisler-, Country-, Chanson- und manch andere Reminiszenzen.
Regisseur Harald Gebhartl goss die Story in die Form der künstlichen, rosaroten und hellblauen Welt der Barbies und Kens, macht somit die Parallelität von schönem Schein und realer Gewalt in der Trümmerbühne mit Zapfsäule für Körpersäfte (Peter Stangl) deutlich. Das mordende Chefweib Varla (Ingrid Höller) birst vor aggressiver Coolness, die Rebellin-Tussie-Mischung Billie (Maxi Blaha) lässt Barbie mechanisches Ballett tanzen.
Gut auch die beiden Sängerrollen: Linda, die romantische Provinztante (Christiane Zollhauser), und der Retter Kirk (Gerhard Reiterer). Helmut Fröhlich überzeugt als Russ. Bravourös das aus vier Studentinnen der Anton Bruckner-Privatuniversität bestehende Frauenorchester – das Rückgrat der Produktion.
Oper. Auch wenn Peter Androsch und Silke Dörner ihr jüngstes Produkt „Oper“ nennen – eigentlich ist „Pussycats!“ (derzeit im Theater Phönix zu sehen) eine rasant-blutige Musik-Komödie, die kräftig am Genre-Kuchen nascht: zum Beispiel mit Verfolgungsjagden (Genre: Western), einem Mord in Zeitlupe (Genre: Film), und einem dramatischen Happy-End inklusive Schluss-Schnulze (Genre: Musical). Satirisch mit sicherem Gespür für Details inszeniert wird die Geschichte rund um die Freudendamen Billy und Varla, die nach dem Mord an Macho-Tom dessen Freundin entführen, schräg-schrill-witzig erzählt. Ein kurzweiliger Abend, zum Leben erweckt von einem soliden Ensemble.
Das ist ein großer Wurf, galant und verwegen, verpackt in Pastellfarben fürs Auge und einen filmmusikalisch gebauten Klangteppich fürs Ohr. Im Theater Phönix steht „Pussycats!“ auf dem Spielplan, eine Oper von Peter Androsch nach einer Schmuddelsexfilm-Vorlage aus den sechziger Jahren. „Faster, Pussycat! Kill! Kill!” heißt die. Die One-Man-Filmproduktion dahinter trägt den Namen Russ Meyer, ein Mann, der sich durch die Vorliebe für große Oberweiten in die Filmgeschichte eingeschrieben hat.
In Androschs Oper, für die Silke Dörner das Libretto schrieb, tritt Meyer als Conférencier in Erscheinung. Im weißen Satinanzug erzählt er (Helmut Fröhlich) von sich und taucht per Traum in eine Geschichte ab: Die Hauptdarstellerinnen darin sind zwei nahezu monströse Puppen-Amazonen mit Namen Billie (Maxi Blaha) und Varla (Ingrid Höller), die eine trägt ein himmelblaues, die andere ein rosa Plastikkleidchen (Kostüme: Renate Schuler). Vernarrt in rasante Autofahrten liefern sie sich mit Macho-Tom (Matthias Hack) ein Wettrennen. Danach massakriert Varla ihn und entführt seine Begleiterin Linda (Christiane Zollhauser). An der Tankstelle erhalten sie den Tipp, dass auf einer nahen Farm ein alter frauenhassender Krüppel (Fröhlich) mit seinen beiden Söhnen lebt; Kirk (Gerhard Reiterer) ist ein Vorzeigeexemplar von einem Stammhalter, der zweite heißt „Gemüse“ (Matthias Hack), stählt zwar seinen Körper, umso beschränkter ist sein Geist. Der Alte hat jede Menge Geld, natürlich zu Hause. Billie, Varla und Linda nisten sich ein. Flucht, Verfolgung, zum Schluss gibt es in Summe fünf Tote und ein Heldenpaar, das in den Sonnuntergang einer besseren Zukunft aufbricht.
So klischiert wie ein B-Movie arbeitet Oper eben auch, sagt Androsch, der ein Orchester mit drei Musikerinnen (präpariertes Klavier, E-Bass, Akkordeon) und einen Klarinettisten aufbietet. Alle vier sitzen im gleichen Mädchen-Outfit auf der Bühne, mit Gruß an Mozart in modernisiertem Rokoko, mit kräftig gepuderten Gesichtern. Der Sound schafft durchwegs Atmosphäre, greift aufs Zitat (etwa „My Fair Lady“) genauso wie ins Experiment. Im Spiel mit den Stilmitteln der großen Oper kommt es zu den höchst komischen Glanzlichtern des Abends: Nur mit zwei Sängern (Zollhauser, Reiterer) ist „Pussycats!“ besetzt; wo immer die sich in Szene setzen, drosselt sich die Handlung geschickt zu kleinen Arien und Duetten, zu Momenten scheinbarer Reflexion. Peter Stangl hat für „Pussycats!“ eine amerikanische Wüstenlandschaft mit Barackenfragmenten ins Phönix gestellt; Regisseur Harald Gebhartl fügte alles stimmigst, mit Blick aufs Detail und perfektes Timing in eins. Eine Produktion mit Kult-Format!