Es herrscht Krieg zwischen den Adelshäusern York und Lancaster. Beide Häuser erheben Anspruch auf die Krone. Es regiert König Edward IV. aus dem Hause York. Sein Bruder, Richard von Gloster, wäre gerne König, aber auch sein zweiter Bruder, George, steht in der Erbfolge noch vor ihm. Doch der machtgierige Richard verfolgt seine Pläne virtuos. Mühelos schlüpft er in verschiedene Rollen, manipuliert und intrigiert und schreckt vor keinem Mittel zurück. Seinen Bruder und seine Neffen lässt er ermorden, reißt die Krone an sich und mordet weiter, um den Thron zu sichern. Ein Kampf um Macht und Machterhalt bis zur letzten Schlacht, in der Richard sein Königreich für ein Pferd aufgeben will.
König Richard III. ist einer der schillerndsten Bösewichte der Weltliteratur: verführerisch, hemmungslos und zutiefst amoralisch. In seiner Überschreibung arbeitet Regisseur und Autor Gernot Plass mit Witz und Schärfe den unaufhaltsamen Aufstieg und Fall eines Tyrannen heraus und zieht Parallelen zu heutigen politischen Verhältnissen.
Gernot Plass\' „Richard 3“ fegte durch das Linzer Theater Phönix
„Mein Königreich für ein verdammtes Scheiß-Pferd!“ Shakespeare aus der Feder von Regisseur Gernot Plass, der 2015 im Linzer Theater Phönix schon „Don Juan“ nach Molière umgeschrieben und inszeniert hat, klingt so wenig zimperlich, wie sich auch „Richard 3“ seinen blutigen Weg auf den Thron Englands bahnt. „Vorsicht! Fieser Verführer“ warnt der Untertitel des Stücks, dessen Premiere am Donnerstag vom Publikum gefeiert wurde.
Die Inszenierung fegt über einen hinweg. Jamben, hohes Sprechtempo und ein energiegeladenes, in jedem Augenblick präsentes Ensemble treiben die bitterböse Thriller-Satire auf Machtbesessenheit, Lügen und Korruption voran. Dabei wird im Eifer des Gefechts mitunter (zu) viel und laut geschrien und (zu) oft „Scheiße“ gesagt. Harte Rhythmen (Musik: Dr. Plass) und ein geisterhaft flatternder, blutbefleckter Vorhang (Ausstattung und zeitlose Kostüme: Alexandra Burgstaller) begleiten die Szenenwechsel, die für die Darsteller meist auch Rollenwechsel bedeuten.
Skrupelloser Tower-Terror
Einfach besetzt ist „Gloster“ Richard, und das großartig: Gast Julian Loidl gibt konsequent hinkend und eiskalt den Machtbesessenen, der über die Leichen seiner Nächsten geht, mit Lady Anne auf dem Sarg seines Bruders Edward kokettiert wie mit dem Publikum: „Und, wie war ich?“ Süffisant und schamlos, „ein begnadet fieses und sehr effizientes Arschloch“, wobei Selbsterkenntnis diesmal keinen Weg zur Besserung verspricht.
Seinem skrupellos inszenierten „Tower-Terror“ erliegen Bruder Clarence (Hannes A. Pendl gibt sein gelungenes Debüt im Phönix-Ensemble) wie seine Neffen. Deren Mutter Elizabeth weiß, was die Stunde geschlagen hat: Marion Reiser ist die königliche Erhabenheit und rasende Wut in Personalunion. Souverän in Text und Spiel switchen Anna Maria Eder, Adrian Hildebrandt, David Fuchs, Felix Rank und Markus Hamele zwischen mehreren Rollen.
Was uns dieser Richard angehen mag? Im Nacken fest krallen sich unter vielem Hetzparolen auf „Immigrantenschweine“, die sich „unsre Weiber, unsre Häuser, unsren Staat und unsre Heimat hol\'n“, aber auch Gedanken an einen raketenverliebten Regenten.
Viel Beifall und Standing Ovations für knapp zwei packende, anspruchsvolle wie aberwitzige Stunden (ohne Pause), in denen einem das Lachen im Hals stecken bleibt.
Shakespeares Drama wird derzeit im Theater Phönix rasant gespielt. Inszeniert hat den blutigen Thronstreit mit einigen aktuellen Anmerkungen Gernot Plass
Linz - Als Buckel hat William Shakespeare seinem Antihelden dessen Makel auf den Rücken gesetzt. Dazu trägt Richard eine verkümmerte Hand, überhaupt die ganze Physiognomie hinkt. So wie die Psyche des Machtlüsternen. Um in der Thronfolge vorzurücken, muss er in den Lauf der Dinge eingreifen. Dass sie sich selbst regeln, darauf ist kein Verlass. Fake-News streut Julian Loidl deshalb in des königlichen Sehers Kotschau. Nebst andrer Intrige.
Richard III. ist ein recht blutiger Thronstreit. Denn “ärgerlich zahlreich ist die Verwandtschaft“, klagt Loidl in der Titelrolle im Theater Phönix in Linz. Acht Schauspieler in doppelt so vielen Rollen dressiert Gernot Plass (Leiter des Theaters in der Gumpendorfer Straße) dort. Alexandra Burgstaller hat ihnen eine blutrote Treppe gebaut, die an einer Stelle bis hoch zum umkämpften Sitz führt.
Flott und komisch
Deren eigentlicher Clou aber ist ein fahrender Vorhang: Ebenfalls blutbesudelt streift und bauscht er sich, wird gen Ende zum Traumschleier, von hinter dem die Gemetzelten quälend zum Auftraggeber der Morde sprechen. Das ist sinnig und schön gemacht.
Wie so vieles an der zweistündigen Inszenierung, deren Handgriffe sitzen. Flott lässt Plass sie, ohne gröber aufhaltende Kümmernis, abspielen - getrieben wie Richards Innenleben. Manisch-ironisch hat er auch den Urtext überschrieben: Donald Trump, ein paar Popkulturreferenzen und den Politsprech der Flüchtlings- und Wirtschaftskrise probiert er aus. Das glückt zumeist, ist oft komisch, selten zu gut gemeint.
Das Ensemble (nur stellvertretend erwähnt: Anna Maria Eder als altersschwach röchelnder König!) brilliert seinerseits flott und wendig. Auch, weil manch Charakter Doppelgesichtigkeit erfordert. Akustisch sorgt Agententhrillersound für kühle Spannung. Bestens passend dazu die Kostümierung in Anzügen und Unterhemden. Rundum gelungen.
Großartige Premiere von „Richard 3“ am Linzer Theater Phönix
„Verdammt, wir haben diesen Laden übernommen: York & Söhne.“ Gernot Plass steckt sich den konventionellen Shakespeare an die Krone ... und überarbeitet den Meister, dass er uns aktuell auf Augenhöhe begegnet. Oder wir ihm? Einerlei. Wenn Plass in permanenten Jamben mit brisant heutigen Aspekten über den englischen Dramatiker kommt, ist ein verbaler Wirbelsturm angesagt, der kaum verschnaufen lässt. Nach William Shakespeares „Richard III.“ hat Plass - ohne die Handlung zu verändern - für das Theater Phönix seine Überarbeitung „Richard 3. Vorsicht! Fieser Verführer“ inszeniert und zu einem furiosen Abend gestaltet. Dieser Auftakt, der sich Donnerstagabend in zwei Stunden ereignet hat, ist eine starke Vorgabe für die Mitbewerber der neuen Saison.
Massen von Text in einer Tour de Force
In der wunderbar reduzierten Ausstattung von Alexandra Burgstaller, die aus ansteigenden Stufen und riesigen Gazevorhängen besteht, tummeln sich acht, in mehreren Rollen agierende Schauspieler. Sie machen sich über Massen von Text her, die in einer Tour de Force ans Publikum gebracht werden. Dazwischen gibt es immer wieder kleine Verschnaufpausen, in denen - DAF lässt grüßen - Dr. Plass pulsierende Elektronik aus den Boxen jagt. Beinahe zwei Stunden dauert der Aufstieg des fiesen Verführers und Populisten, des intriganten Machtmenschen, der die Untertreibung zum Prinzip macht und hinterrücks brutal zuschlägt. Er, der ob seiner missgebildeten Erscheinung unterschätzt wird, kennt keine Gnade. Dieser Richard von Gloster aus dem Hause York will die Weltherrschaft an sich reißen, nein, so arg ist es nicht, aber die Krone von England muss es sein. Und so werden schwerste Intrigen aufgefahren, um dem Adelshaus Lancaster den Garaus zu machen.
Ein Fiesling von Gottes Gnaden
„Ich bin ein begnadetes und sehr effizientes Arschloch“, sagt Richard. Natürlich hat er recht, dass dies aber entsprechend zur Geltung kommt, braucht es Julian Loidl als Fiesling von Gottes Gnaden, einen hinter(n)fotzigen Bosnigl, der auch unterwürfig daherkommen kann. Er könne diesem Amt doch nie gerecht werden, er, der unbedarfte Kümmerling. Dass er zuvor schon seinem Bruder, seinen Neffen ... Plätze im Jenseits reserviert hat, zeigt ihn doch längst als den, der er ist. So wie „America First“ natürlich nur „Trump First“ bedeutet, ist es mit Richard III., der seiner Umgebung viel verspricht, aber nur hält, was ihm in den Kram passt. Und das ist nix bis gar nix. Julian Loidl zieht alle Register, um diesen Mann zum Leben zu erwecken. Es gelingt ihm in Mimik, Gestik und wohldosierter Sprache, die laut werden kann, aber auch hinterhältig leise. Der Showdown zwischen den Lagern Lancaster und York birgt neben faschistoidem Gehabe und einem schwulen Heinrich (überzeugend: Felix Rank), dem späteren Tudor-König, treffende Anspielungen auf Neoliberalismus und Maximierung aller Art. Es steckt auch viel Humor in dieser Inszenierung von Plass, Herdentrieb, Wendehals und das Spiel mit dem Untergang sind ergiebige Aspekte. Ausgezeichnet machen ihre Sache und vor allem den intensiven Sprachrhythmus auch Anna Maria Eder, Marion Reiser, Hannes A. Pendl, Adrian Hildebrandt, David Fuchs und Markus Hamele. Eine grandiose Inszenierung, exemplarisch die Bearbeitung eines Klassikers.
Das Linzer Theater Phönix eröffnet die Saison beeindruckend mit „Richard 3“
Das Linzer Theater Phönix nimmt sich als Saisonthema „Die Macht der Verführung“ vor und stellt als erste Herbstproduktion mit „Richard 3“ eine beeindruckende Neudeutung von Shakespeares Königsdrama auf die Bühne. Gernot Plass gibt dem Text eine moderne Fassung.
Es herrscht Rosenkrieg zwischen den englischen Adelshäusern York und Lancaster. Gebuhlt wird um die Königskrone. Doch obwohl Anwärter da sind, gewinnt nur einer: Richard III. Der zynische Emporkömmling hat zwar verkrüppelte Gliedmaßen, doch politisch großes Talent. Er versteht es, Missgunst, Neid und Eifersucht der anderen für sich auszunutzen. Bis es zum blutigen Ende kommt ...
Gernot Plass nimmt das Shakespeare-Drama und überformt es mit einer heutigen Sprache. Weil er dem Versmaß treu bleibt, bekommt sein Text eine ähnlich gewaltige Kontur wie die Vorlage. Das macht diese Inszenierung außergewöhnlich! Das achtköpfige Ensemble fühlt sich zudem in diesem Textraum, der zwischen alter und künftiger Zeit zu schwingen scheint, unheimlich wohl. Schauspielerisch kann eine grandiose Gesamtleistung verbucht werden. Plass führt auch Regie und er schickt Richard III, mit einem fast kindlichen und einem abgründigen Gesicht auf der Stiege auf und ab. Alexandra Burgstaller kommt in der Ausstattung mit Stufen und blutverschmiertem Seidenvorhang aus.
An Julian Loidl in der Hauptrolle kann man sich fast nicht satt sehen. Er zelebriert die Intrige, gefält sich als Marionettenspieler, der die Fäden für die Ermordung sämtlicher Thron-Konkurrenten zieht. Und er ist auch der arme Krüppel, kindlich, anrührend. Als König führt er sein Volk dann in den Krieg. In weiteren Rollen u. a. Anna Maria Eder, Marion Reiser, Adrian Hildebrandt, David Fuchs und Felix Rank. Ein brandaktuelles Theatererlebnis, das unter die Haut geht.