In den Königsdramen Heinrich VI und Richard III lässt Shakespeare die englische Herrschaftsgeschichte wieder auferstehen: von 1455 bis 1485 kämpften die beiden Adelsgeschlechter York und Lancaster um die britische Thronfolge. Weil das Haus Lancaster eine rote Rose im Wappen führte, das Haus York aber eine weiße, ging der Bürgerkrieg als“ Rosenkriege“ in die Geschichte ein. Vom Tod Heinrichs V. über die Regierungszeit des noch als Kind gekrönten und später ermordeten Heinrich VI. und seines Nachfolgers Edward IV. bis zu Machtergreifung und Ende Richards III. reicht dieses große Epos von Krieg und Bürgerkrieg, von politischem Kalkül und privaten Obsessionen, von Aufstieg, Macht und Verlust.
Volker Schmidt, der für das Theater Phönix bereits „Die Nibelungen“ bearbeitet und inszeniert hat, bringt Shakespeares selten gespielte Rosenkriegs-Dramen in einer eigenen Fassung auf die Bühne.
Mit wenig Blut und viel Musik schafft Volker Schmidt eine subtile Adaption von Shakespeares „Rosenkriege“ am Linzer Theater Phönix.
Linz - Ein Drama, das an anderen Häusern mindestens sieben Stunden in Anspruch nimmt, bis Richard III. im Angesicht der Ausweglosigkeit sein Königreich gegen ein Pferd tauschen möchte, in dreieinhalb zu spielen, ist schon ein verwegener Ansatz. Volker Schmidt, der am Theater Phönix bereits mit einer Adaption der Nibelungen gezeigt hat, dass er kein Freund der schnellen Theaternummer ist, wagt es, kürzt radikal und verlangt dem Ensemble immer noch genug ab. Dies dankt es dem Regisseur mit höchster Konzentration bis in die letzte Sekunde, auch wenn nach der Pause die Hälfte des Publikums abhandengekommen ist. An den Schauspielern liegt diese Flucht wohl nicht, denn bis auf eine Ausnahme sind sämtliche Rollen klug besetzt. Die Schauspieler und Schauspielerinnen haben einen ganz offensichtlichen Spaß daran, die Dramen der von multiplen genealogischen Krisen gebeutelten Adelsgeschlechter York und Lancaster auf die Bühne zu bringen.
Schmidt siedelt seine Umsetzung der Bürgerkriege - die wegen der unterschiedlichen Rosenfarben in den jeweiligen Wappen eben Rosenkriege genannt wurden - im auslaufenden 20. Jahrhundert an, ohne allzu anbiedernd aktualisierend den Text zu verändern. Er inszeniert rasant, bedient sich ungeniert und unterstützt von einem sich zurücknehmenden Bühnenbild (Georg Lindorfer) auch der Genres Video, Musik, und Tanz. Dabei greift er auf Multitalente im Phönix-Ensemble zurück: Theo Helm, der als Heinrich VI. Gitarre spielend und singend daran erinnert, dass es neben seiner Karriere als Schauspieler noch eine als Musiker und Sänger gab, Tobias Ofenbauer und Ferdinand Kopeinig, die zwischendurch als Livebandmitglieder an die Instrumente müssen, und Daniel Wagner, der als Punksänger der Fiesheit seiner Rolle zusätzlich Gewicht verleiht. Ein lautes Stück, das zeigt, wie einsam es an der Spitze der Macht sein muss. Damit es für die Schauspieler nach der Pause nicht ganz so einsam ist, wurde auf das mit wenig Sitzfleisch ausgestattete Publikum reagiert: Es werden nun auch beide Teile (Heinrich VI. und Richard III) getrennt voneinander angeboten.
Premiere: William Shakespeares Drama „Rosenkriege" wurde vom Linzer Theater Phönix wuchtig und spannend auf die Bühne gestemmt
Es ging schon fast auf Mitternacht zu, als alle „Rosenkriege" geschlagen waren. Schlag 23.20 Uhr war der grausame englische König Richard III. in einem der berühmtesten Schlusssätze der Theatergeschichte endlich bereit, „ein Königreich für ein Pferd" einzutauschen, ehe ihn sein gerechtes Schicksal ereilte. Mindestens ebenso gerecht war jenes Schicksal, das gleich danach auf das diesmal auf elf Darsteller erweiterte Phönix-Ensemble in Form eines warmen Applausregens niederging. Hatte es doch das Kunststück vollbracht, lange, aber nie langweilige 3 Stunden und 45 Minuten (eine Pause) bis zur letzten Minute packend, bisweilen auch berührend über die Rampe zu bringen. Auf diese Länge hat Regisseur Volker Schmidt Shakespeares Tragödien „Heinrich VI." und „Richard III." verschmolzen, die beide in chronologischer Folge die dornenreichen „Rosenkriege" (1455-1485) zwischen den Adelshäusern York und Lancaster um den englischen Thron schildern. Schmidt und Kostümbildnerin Anna Katharina Jaritz haben den blutigen Machtpoker ausstattungsmäßig in die Swinging Sixties verlegt: Die Protagonisten tragen englische Schul-Uniformen und langmähnige Hippie-Frisuren, flotter Popsound (Musik: Josch Russo) untermalt das höfische Intrigenspiel und die Spirale des Tötens. Diese dreht sich, von Bühnenbildner Georg Lindorfer eindrucksvoll gelöst, besonders in einem sterilen Raum immer weiter, wie er auch in der NS-Euthanasieanstalt Hartheim existiert haben mag. Und wo die Opfer zur Schlachtbank geführt werden wie Lämmer.
Im Oufit der 1960er-Jahre
Der überragende Theo Helm ist als König Heinrich VI. ein naives Kind, dem die Macht in den Schoß fällt, das aber, je größer es wird, umso weniger Geschmack daran findet. Ein sympathischer Zauderer, der am liebsten seinen Onkel, den Herzog von Gloucester (mit großer Präsenz: Alois Frank), seinen durchtriebenen Freund Suffolk (Daniel Wagner lässig wie Kicker Georgie Best in seiner besten Zeit) oder seine tatkräftige Gattin Margareta (Ines Schiller) entscheiden lässt.
Spannende, überzeugende Interpretationen liefern nach ihm als Könige auch Ferdinand Kopeinig (Edward IV.) und - sehr fies, sehr gut - Simon Jaritz als Richard III. In Nebenrollen glänzen Matthias Hack (köstlich als schottischer Schlächter), Paul Brusa (als feinsinniger Herzog Somerset), Lisa Fuchs (als hippieske und dann als opportunistische Ehefrau), Lisa-Katrina Mayer (anrührend als Witwe) und Tobias Ofenbauer. - Hier wurde kein Fels, sondern fürwahr ein Berg von einem Theaterstück gestemmt.
Shakespeare's „Rosenkriege" im Phönix
Es ist schon in gewagtes Unterfangen, die Königsdramen von William Shakespeare auf die Bühne zu stellen, weshalb auch nur große Theaterhäuser und große Namen sich diesen monströsen Werken widmen. Nun hat Volker Schmidt (36) die Dramen über den Krieg der Adelsgeschlechter York und Lancaster um die britische Thronfolge, „Rosenkriege" genannt, für das Linzer Theater Phönix bearbeitet und inszeniert. Dafür gebührt Anerkennung.
Es geht ganz schön wild und verwirrend zu in „Heinrich Vl." und „Richard III.", da wird intrigiert, gemordet, geköpft, geheiratet, paktiert ... Schmidt kürzt dankenswerterweise radikal das Textkonvolut, fühlt sich von diesem offensichtlich auch zu Assoziationsgebirgen inspiriert. Es braucht aber keine Anspielungen an unsere Zeit, denn der geniale Shakespeare hat ewiggültig geschrieben über Macht in alle Varianten, es ist klar, dass der Mensch grundübel ist. Es muss nicht auf Leichen gepinkelt oder Widersacher mittels Spritze euthanisiert werden ... Ja doch, wir wissen, dass es Faschismus, Folter und Tötungsstationen auch für Menschen gibt.
Dazu werden noch selbstkomponierte Songs und Musikvideos präsentiert. Alles passabel interpretiert und vorgetragen, aber schlichtweg zu viel und überflüssig und es trägt alles eher zur Verwirrung denn zur Erhellung bei. Georg Lindorfer hat einen passenden Raum in den Phönix-Saal gebaut mit dem Charme einer Partei-Zentrale der 70er, in der Karrieren geschmiedet und Entscheidungen getroffen werden. Die Geschichte beginnt optisch in den 70ern, geht über die Punk-Bewegung (ja, tolle Live-Band!) der 80er bis hin zu den Foltermethoden von Abu Graib. Es sind teils auch sehr gelungene Szenen und Bilder, die aber aneinandergereiht wirken und sich nicht zu einem homogenen Ganzen fügen. Und immer wieder wieder scheint dem Regisseur der Erzählbogen zu entgleiten, die Szenerie wirkt schludrig und schwammig, was Lautstärke, Hektik und Hysterie auch nicht übertünchen können.
Das 11-köpfige Schauspielensemble zeigt viel Einsatz und vielfältige Talente: Theo Helm gibt dem Heinrich weiche bis debile Züge, Simon Jaritz ist ein latent bösartiger Richard III., Lisa-Katrin Mayer mit guten Ansätzen verliert sich manchmal in Hyperaktivität Daniel Wagner als Suffolk zeigt adelige Attitüde, ist Brutalo-Punker und herzloser Dr. Tod, weiters in Mehrfachrollen Paul Brusa, Matthias Hack, Alois Frank, Ferdinand Kopeinig, Tobias Ofenbauer, Ines Schiller und Lisa Fuchs.
Vier Stunden „Rosenkriege" dauern diesfalls sehr lange.
Shakespeares lautstarke „Rosenkriege" im Linzer Phönix:
Shakespeares „Rosenkriege" im Linzer Phönix: Meine Hochachtung vor der Arbeit, die in dieses Monsterprojekt investiert wurde, meinen Respekt für die Megaleistungen der Darsteller in dieser fast vierstündigen Inszenierung. Und dennoch bleibt mir über weite Strecken nur ein Gefühl der Langeweile in Erinnerung ...
Volker Schmidt hat Shakespeares Königsdramen und Nachfolgekämpfe neu bearbeitet und inszeniert. Er holt die Geschichte optisch herauf in die Siebziger Jahre, die Sprache aber bleibt – bis auf einige öde Spontisprüche - „alt" und so trifft das Historiendrama auf Punkmusik, und ich weiß nicht recht, warum. Ist das Machtspiel zwischen den Familien York und Lancaster an sich schon kompliziert genug, so tragen die Kostüme von Anna Katharina Jaritz wenig zur Charakterisierung der Personen bei. Stimmiger ist da schon das Bühnenbild von Georg Lindorfer, der den Machtkampf entweder in einem Turnhallen-ähnlichen Saal oder überhaupt gleich in einem weiß gekachelten Schlachthof ansiedelt.
Nur in homöopathischen Dosen legt Volker Schmidt die Lust hinter der Macht frei. Meist gibt er sich mit Macht durch Lautstärke zufrieden. Mir wird in dieser Inszenierung viel zu viel geschrien: von Königin Margareta (Ines Schiller), von Richard III. (Simon Jaritz), von Lady Anna (Lisa-Katrin Mayer). Am beeindruckendsten empfinde ich jene Figuren, die die leise(re)n Töne beherrschen wie Theo Helm als Heinrich VI. oder Daniel Wagner als Buckingham.