weil die butter lassen wir uns nicht vom brot herunter stehlen.
Futterer-Adi, Angestellter in der örtlichen Molkerei, überwacht die Butterproduktion. Marketingchef Huber und dem Hans von der Staatsgewalt ist er schon lange ein Dorn im Auge, denn Adi ist anders: Jeden Tag füttert er auf der Heimfahrt im Zug fremde Menschen mit Joghurt aus seiner Mitarbeiterration. Hans erkennt darin eine Rebellion gegen die Ordnung und sieht seine Kontrolle schwinden. Einzig Karina, die neue junge Kollegin, ist Adi zugetan. Jetzt will Hans hart durchgreifen und hat Huber schnell an seiner Seite. Stielaugen-Jenny, Kellnerin im Bahnhofsrestaurant, soll Adi und Karina in die Falle locken. Wer nicht ins System passt, wird passend gemacht. Ganz so wie die Butter in der Molkerei, die in gleichmäßige Stücke gepresst wird, von der Adi aber immer etwas abzweigt, um damit eine riesige Faust zu bauen …
In „Am Beispiel der Butter“ erzählt Ferdinand Schmalz, geboren 1985 in Graz, in der Tradition des kritischen Volksstücks, was passiert, wenn man sich der Dorfgemeinschaft widersetzt und die vermeintliche Idylle in Frage stellt.
Kampf gegen die Herzlosigkeit: „Am Beispiel der Butter" von Ferdinand Schmalz am Linzer Theater Phönix.
Linz - Einer stellt sich gegen die anderen, die anderen - die repräsentieren Ordnung, besorgte Bürger und gelebte Gewalt im Hobbykeller. Im 2014 in Leipzig uraufgeführten Stück des steirischen Autors Ferdinand Schmalz (Jg. 1985) ist es der „Futterer"-Adi, der sich als Butterproduktionsleiter der Molkerei im Alpendorf gegen Ordnung und Marketingstrategie stellt.
Er verteilt regelmäßig seine Mitarbeiterration Joghurt an fremde Menschen im Zug, füttert sie mit dem Löffel. Mit einem kleinen Kniff allerdings macht Regisseurin Caroline Welzl klar; wer hier schon zu Beginn verloren hat und wer gewinnt: Nicht Joghurt, sondern Werbeaufkleber der Molkerei werden ans Publikum verteilt, als dieses Platz nimmt.
Adi (Markus Hamele) - hier mehr Hipster als Störenfried - steht die ersten Minuten still da und schüttelt sein Joghurtglas, während Molkereimanager Huber grinsend Pickerln in der ersten Reihe verteilt.
Fürs Volk bleibt Werbung, kein Joghurt. Ernüchternd, aber wahr geht es weiter. Sinnentleertes Gelächter und Gegrunze aus den Mündern von Adis Gegenspielern: Stielaugen-Jenny (Doris Hindinger), die zwar „schaut, aber nichts erkennt" und in ihrer Bahnhofsreste jede Menge Klare ausschenkt. Huber (David Fuchs), der sich die Finger niemals selbst schmutzig machen würde, und Hans (Christian Strasser), ein „Exekutivbediensteter", der im Hobbykeller die Uniform ablegt, um das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen.
Alle drei glaubwürdig herzlos und mehr als bereit, diejenigen, die zu weich sind und nicht passen, „wie ein Stück zu Butter" zu formen. Einzig Karina (Rebecca Döttl), eine neue Mitarbeiterin in der Molkerei, stellt sich auf Adis Seite.
Ein wenig selbstverliebt bemüht Schmalz in seinem Volksstück die Buttermetapher immer und immer wieder, umso präziser dafür etwa der Sprechmonolog von Hans im Hobbykeller. Insgesamt sehr empfohlen.
Premiere von Ferdinand Schmalz‘ „am beispiel der butter“ im Linzer Theater Phönix
Der Text wirkt an manchen Stellen manieriert, dann wieder schlau ums Eck gedacht – als habe sich der junge Werner Schwab angestrengt, wie eine in die Jahre gekommene Elfriede Jelinek zu schreiben. Die Monologe setzen im Klischee an, steuern auf philosophische Hellsichtigkeit zu, treffen sie mitunter, zerlaufen aber ebenso oft im Absurden. Das Ergebnis ist ein Original: es ist der Volksstück-Sound von Ferdinand Schmalz. Der 30-jährige Steirer ist neben dem Schlierbacher Thomas Arzt und dem Steyrer Thomas Köck einer der Popstars unter den nach vorne stürmenden Dramatikern. Sein im März 2014 in Leipzig uraufgeführtes Debüt „am beispiel der butter“ erlebte am Donnerstag im Linzer Theater Phönix in der Regie von Caroline Welzl seine Premiere.
Da traut sich der Futterer-Adi doch glatt, die Idylle eines Kuhdorfs zu stören, weil er die Profitmaximierung jener Molkerei ablehnt, von der im Ort so gut wie alle leben. Er verschenkt sein Mitarbeiter-Gratisjoghurt an Fremde und überhaupt denkt er daran, zusammen mit der neuen Kollegin Karina, mit der auch privat alles wie geschmiert läuft, ein Butter-Denkmal in Form einer nach oben gestreckten Faust zu bauen. Zu diesem Zweck zweigt er Butter ab. Derlei Subversives geht einfach nicht, da wird die lüstern-lustige Wirtin Jenny genauso krawutisch wie der Dorfpolizist Hans und der kantige Molkerei-Marketing-Fuzzi Huber. Dem Hans stinkt es ohnehin, dass er nur homöopathisch amtshandeln darf, seine Gewaltfantasien lässt er in seinem Hobbykeller ins Freie. Logisch, dass es nicht dabei bleibt: Das grimmige Trio zieht bald andere Seiten auf. Nach Butter-Metaphern am laufenden Band läuft der Reigen auf eine Art Orgien-Mysterien-Theater zu, das um einige Minuten zu lang ist (Musik: Gilbert Handler).
Doris Hindinger ist eine der Wohltaten diese Abends. Sie vermeidet, Jenny zu verkaspern, sondern begründet deren Status als Schnaps- und Sex-Versorgerin im Schwammerl- Kiosk (Bühne: Stefanie Muther) mit brüchiger Biographie und einem geplatzten Prinzessinnen-Traum. Christian Strasser ist ein variantenreicher Polizisten-Dämon, David Fuchs ein Strahlemann mit finsteren Ecken. Markus Hameles Adi ist kein widerspenstiger Hippie, sondern ein kritischer BWL-Student. Mit Rebecca Döltls großer Geste erscheint Karina eher als Sehnsuchts-Allegorie, denn als reale Frau.
Es dauerte ein bisschen, bis der Premierenapplaus leidenschaftlich wurde.
Premiere: „Am Beispiel der Butter“ von Ferdinand Schmalz im Theater Phönix
Gewiss: Das moderne Volksstück von Ferdinand Schmalz wurde schon zu den renommierten „Mülheimer Theatertagen“ eingeladen und der 31-jährige Steirer 2013 von „Theater heute“ zum Nachwuchsautor des Jahres gewählt.
Dennoch vermochte die Premiere am Donnerstagabend am Balkon des Linzer Phönix‘ nicht wirklich zu überzeugen. Lag es am artifiziellen, bisweilen hochgestochen-sperrigen Text, der an Elfriede Jelinek oder Werner Schwab erinnert? An gestelzten Sätzen wie: „Wie soll ich von hinter der Kamera von meinem So-Sein erzählen?“
Vom „reinen Werden eines Neuen“ …
An reichlich komplizierten Erklärungen, wie die Milch durch Gesten, Höhensonne und Erinnern zur Butter wird, „reines Werden eines Neuen“ … Oder daran, dass wie im Hörspiel viel erzählt wird, was geschieht, anstatt es zu spielen und zu zeigen? Die Inszenierung von Caroline Welzl läuft zwar meistens wie geschmiert, hätte mithin aber beim einen oder anderen Mono- oder Dialog noch Striche vertragen. Zumal der Plot schnell erzählt ist: Der gesellschaftskritische Ideen wälzende Molkereiarbeiter Futterer-Adi verfüttert seine Mitarbeiterration Joghurt an Mitfahrende im Zug. Das ist nicht nur dem Molkereimanager Huber und der Betreiberin des Bahnhofs-Tschecherls Stielaugen-Jenny, sondern auch dem Dorfpolizisten Hans ein Dorn im Auge. Der will im Tal für Normalität sorgen, Ordnung muss herrschen, abnormes Verhalten wird bestraft. „Wer nicht passt, wird passend gemacht“. Da trift es sich gut, dass Hans nicht nur über ihm von Rechts wegen verliehene Autorität, sondern auch über einen Hobbykeller verfügt, in dem das Gesetz schon mal das Auge zudrückt, wenn die junge Molkereiarbeiterin Karina vergewaltigt wird.
Die viel zitierte Butter fungiert in den 90 Minuten eher als Platzhalter, genauso gut könnte es um Tourismus gehen: Das Butterwerk einer ländlichen Molkerei als Metapher für den Rest der Welt, plausibel widergespiegelt in volkstümlichen, mit modernen Klängen konterkarierter Musik (Gilbert Handler).
Geschickte Bühnenbild-Lösung mit Pilz-Kiosk
In der geschickten Bühnenbild-Lösung mit drehbarem Pilz-Häuschen (Stefanie Muther) überzeugen Christian Strasser als „philosophierender“, gewaltbereiter Polizist und David Fuchs als perfider Manager mit Seppelhut. Doris Hindinger trägt bei ihrem Phönix-Comeback als leicht debile Jenny schon gar dick auf. Solide: Markus Hamele als „Gutmensch“ Adi und Rebecca Döltl als brave Karina. – Der Satz „Butter und Schmalz, Gott erhalt’s“ gilt hier vor allem für den Autor, weniger für die Aufführung.
Phönix-Premiere von Ferdinand Schmalz‘ Stück „am beispiel der butter“ in Linz:
Bissige und etwas schwer verdauliche Kost bot das Linzer Theater Phönix mit der Premiere von „am beispiel der butter“, das der junge Autor Ferdinand Schmalz in der Tradition des kritischen Volksstücks sieht. Mit viel klarem Schnaps wird dabei die Rebellion eines Molkerei-Mitarbeiters in einem völlig verbohrten Almdorf bekämpft.
„Der Sonderling gehört ausgesondert!“ Regisseurin Caroline Welzl lässt ein paar gescheiterte Existenzen ihre giftigen Pläne ausgerechnet in einer Fliegenpilz-Bar (Bühne: Stefanie Muther) schmieden: Die Stielaugen-Jenny, der Dorfgendarm Hans und der Huber vom Molkerei-Marketing wollen den rebellischen Adi weghaben. Doris Hindinger gibt in Strümpfen und Lederhosen (Kostüme: Anje Eisterhuber) eine umwerfende Bardame Jenny, der man Verbitterung und Lady-Di-Tick mühelos abnimmt. Gruselig mimt Christian Strasser den Gendarm Hans in dessen „Hobbykeller“, während David Fuchs mit seiner Figur Huber die perfekte Kapitalismuswelt darstellt. Gemeinsam kämpfen sie sich zu Beginn des Stücks durch Schmalz‘ Wortspiel- und Kalauer-Lawine, schaffen es dennoch langsam, ein ungemütliches Sittenbild à la Ödön von Horváth zu zeichnen. Für einen Rebell bleibt der Futterer-Adi von Markus Hamele ein wenig blass, auch seiner Gespielin Karina (Rebecca Döltl) fehlt es an Ecken und Kanten.
Ein bissiges Spiel mit dem Klischee, aber zum Finale hin mit elendslangem Frosch-Tanz (Musik: Gilbert Handler) und quälend viel Butter-Metaphorik leider recht ermüdend.