Sind drei wirklich immer einer zu viel? Oder ein neu zu entdeckendes und modernes Lebens- bzw. Liebesmodell?
Das Theater Phönix hat drei AutorInnen eingeladen, Dreiecksbeziehungen jeglicher Art einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Die junge Autorin Alexandra Ava Koch bringt in ihrem absurden Drama „Goldmond“ drei Menschen in einer Nacht an einem See zusammen. Sie sind auf gegenseitige Unterstützung angewiesen – wissen aber nicht so ganz, wobei. Nur: der Mond spielt sehr wahrscheinlich eine große Rolle. Koalitionen werden geschmiedet, Bündnisse eingegangen. Doch wie sollen sie die rätselhafte Aufgabe lösen?
Der junge oberösterreichische Autor Stefan Wipplinger beschäftigt sich in „Wanderlust“ mit der Dreiecksbeziehung als Liebesmodell. Ausgangslage ist die langjährige Beziehung eines Paares Anfang dreißig. Max klammert sich ans Pärchenglück, Friede möchte lieber schnell alles hinter sich lassen. Während einer Bergbesteigung treffen sie auf einen Freund von früher. Und mit ihm scheint auf einmal alles möglich …
Volker Schmidt siedelt in „Die Brücke“ seine Figuren zwischen Traum und Wirklichkeit an. Auf einer Brücke erkennt eine Frau, dass sie diesen Ort aus ihren Träumen kennt. Und dass es dort einen anderen Mann und ein anderes Leben gibt. Aber wenn es den Ort tatsächlich gibt, gibt es dann auch dieses zweite Leben?
Dramolette im Theater Phönix: „Ein Dreieck ist nur in der Mathematik harmlos“
„Du hast über das Unschöne schon immer schonungslos schöner gesprochen als über das Schöne“, sagt Max in Stefan Wipplingers Dramolett „Wanderlust“. Im Theater Phönix haben sich Donnerstagabend gleich drei Dramolette erstaunlicher Autoren ereignet und Sätze wie den eingangs erwähnten gezeitigt. Eine feine Sache, die das Phönix da angeleiert hat, einfach so - weil man erfrischend Neuem mit einer Selbstverständlichkeit Raum gibt, die große Theater oftmals vermissen lassen. Motto des gelungenen Abends: „Ein Dreieck ist nur in der Mathematik harmlos“.
Er findet Gold im See... eine Goldbrasse
Begonnen hat die rund 70-minütige Darbietung mit Alexandra Ava Kochs „Goldmond“. In ihrem feingliedrigen Dramolett, das surreale Züge trägt, führt sie drei Figuren nächtens an einem See zusammen. Der Mond in einer Konstellation, die es nur alle 300 Jahre gibt. Dessen Licht lässt den See gülden glänzen. „Zwei tauchen, einer steht nicht im See, also draußen, und nimmt den Schatz“, sagt b, um schließlich hinzuzufügen „zwei passen draußen auf, dass dem im See nichts passiert“. Das eröffnet Möglichkeiten: a ist mit b verbandelt, meint aber nun zu c, der zufällig vorbeigekommen ist, man könne kollaborieren und b außen vor lassen. Doch b kommt wieder und hat tatsächlich unter Wasser Gold gefunden ... eine Goldbrasse. Plötzlich ist a wieder auf Seite von b. Koch hat mit „Goldmond“ ein fantasievolles Konstrukt entworfen, eine Parabel über menschliche und unmenschliche Werte. Stefan Wipplingers bereits erwähnter Text „Wanderlust“ nützt das Berglerische als Metapher für die vielen Varianten beziehungstechnischer Natur, die von „Ich lieb\' dich“ bis „Ich lieb‘ dich nicht“ alles hergeben. Jeder hat mit jedem - kristallisiert sich in dieser fein aufgebauten Geschichte mit ihren Dilemmata heraus. „Weil wir hier einen Berg von Unaussprechlichkeiten ins Gebirge tragen“, so Friede, die zwischen und mit zwei Männern steht und geht. Dabei hatte Friede vor dem Eintreffen von Mo noch zu Max gemeint: „Lass es uns als Zeichen sehen für die bergungslose Zeitlichkeit unserer Zweisamkeit.“ Ein spannender Text Wiplingers, der von Jakob Dietrich mit Nebel und allerlei treffenden Live Geräuschen wie Wind angereichert wird. Zum Auftakt hatte er übrigens eine Gummipuppe ins Lavor geschickt, als b ins Wasser ging.
Und im Dramolett „Die Brücke“ sorgt er auch für Töne, zudem singt Der Mann samt Hüftschwenker „Abracadabra“ von der Steve Miller Band - köstlich gelungen. Im Dramolett von Volker Schmidt gehen Wirklichkeit und Wunschdenken nahtlos ineinander über. Was ist schon wirklich wirklich? Der von Der Frau erträumte Künstler, den sie in ihren Ich-bezogenen Träumen auf der Brücke trifft, könnte Fantasie sein. „Er hat keinen Namen, aber dieser Traum kehrt immer wieder.“ Traumhaft. Die drei Schauspieler Anna Maria Eder (a, Friede, Die Frau), Martin Brunnemann (c, Mo, Der Mann) und Felix Rank (b, Max, Der andere Mann) liefern eine facettenreiche Studie über das dreieckisch Zweisame. Christine Eder hat die Dramolette mit gezielten Unterhaltungselementen versehen, sie aber nie ihrer Eindringlichkeit beraubt.
Amüsante Dramolette über Liebes- und Lebensentwürfe im Trio
Manchmal ist man sich selbst einfach nicht mehr genug. Was dann passiert, ist bekannt - auch dem interessierten Kulturpublikum: Jemand zweites muss her. Im Linzer Theater Phönix war man aber so klug, das ewige Thema der Paarbildung hinter sich zu lassen.
Die neue Produktion „Das Dreieck ist nur in der Mathematik harmlos“ (Regie von Christine Eder), die am Donnerstagabend Uraufführung feierte, widmet sich dem Trio. Auf der Bühne im „Balkon“ (erster Stock) drehte sich alles um zwei Männer und eine Frau - schauspielerisch und was die Stücktexte betrifft.
Anna Maria Eder, Felix Rank und Martin Brunnemann verkörperten mit Genuss, Elan und Lust an der Wandlung diese Konstellation in drei Dramoletten, die aufeinanderfolgten: „Goldmond“ von Alexandra Maria Koch, „Wanderlust“ von Stefan Wipplinger und „Die Brücke“ von Volker Schmidt.
Die Darsteller ließen sich von einem seltenen Mond-Phänomen verführen, einem Gleichnis, das das Konzept der Langzeitbeziehung auf eine Berg- und Talfahrt „in einem Jammertal“ überträgt, und der fixen Frauen-Idee, dass ein Traum(Mann) das konservative, aber echte Glück komplettiert. Zu nicht ausschließlich emotionalem Betrug, „Drecksarbeit“, die der Dritte tut, süßen Sehnsüchten und bitterem Egoismus. Je länger die flotte, knapp 70-minütige Vorstellung dauerte, umso spritziger wurde der Wortwitz, der immer Tiefschürfenderes freilegte. Ein inspirierender Abend, der durch Musik (Jakob Dietrich) und Bühne (Monika Rovan) an spielerisch-eigenwilligen Akzenten gewann. Auch während des ersten Dramoletts, das in Vergleich zu den beiden folgenden, etwas wenig dynamisch wirkte. Alleine wäre es für ein amüsantes Theater zu wenig gewesen.
Köstliche .,Dreiecks“-Uraufführung im Linzer Theater Phönix:
„Ein Dreieck ist nur in der Mathematik harmlos“ - dieser Zungenbrecher von einem Stück-Titel entpuppte sich im Linzer Theater Phönix als kurzweiliges, über weite Strecken witziges und kluges Geschenk ans Publikum. Drei Dramolette, drei Autoren, drei Schauspieler - so „erlesen“ kann gute Unterhaltung sein!
„Ein Dreieck ist nur in der Mathematik harmlos“ - das verbindende Element dieser Dramolette-Trilogie sind menschliche Dreiecks-Beziehungen. Alexandra Ava Koch lässt ihr Trio den „Goldmond“ suchen. Denkt man anfangs noch, „nur“ einer (vielleicht) szenischen Lesung beizuwohnen, nimmt die Geschichte in der Regie von Christine Eder rasch Fahrt auf. Köstlich ist der Live-Sound dazu, den Jakob Dietrich direkt auf der Bühne fabriziert - vom Wasserplätschern bis zum Sturmwind. Famose Idee!
Der zweite Autor Stefan Wipplinger schickt seine drei Protagonisten in „Wanderlust“ auf den Berg - hier findet man noch am ehesten die Zutaten, die man sich unter einer Dreiecksbeziehung so vorstellt. Märchenhaft verschlungen, lässt schließlich Volker Schmidt das Trio über „Die Brücke“ gehen. Das Ende kommt nach siebzig Minuten ein bisschen gar abrupt - aber das tut dieser kostbaren und köstlichen Theateridee keinen Abbruch.
Als Trio auf der Bühne: Anna Maria Eder, Felix Rank und Martin Brunnemann: sehr präsent, sehr wandlungsfähig, wunderbar! Sollte es irgendwo jemanden geben, der sich mit „jungem“ Theater schwer tut: auf ins Phönix! Dort wird vorgezeigt, wie man moderne Stücke genussvoll zelebriert und Lust auf mehr machen kann. Ein kleines, aber sehr intensiv funkelndes Theatergeschenk!